10 Artikel aus Psychologie heute zwischen 1991-99

 

Psychologie heute: Hypnose gegen Krebs?

In der Ausgabe Februar '91 der medizinischen Fachzeitschrift "Psychologie heute" beschreibt Harald Wiesendanger im Artikel "Hypnose gegen Krebs" neue Hypnoseverfahren und Meditationstechniken zur Krebsbehandlung. Man fand heraus, daß ein streßfreier Zustand eine wichtige Voraussetzung sei, um mit Hilfe von Visualisierungen und Imaginationen das Immunsystem positiv zu beeinflussen. In den Vereinigten Staaten setzte man Hypnosetherapie seit langem in der psychologischen Krebsbehandlung ein. O. Carl Simonton und Bernauer Newton bestätigten, daß mit Hypnose therapierte Krebspatienten eine wesentlich höhere Lebenserwartung haben, als statistisch angenommen. Neben den USA setzt man inzwischen auch in Deutschland, Großbritannien und Australien auf Hypnosetherapie bei der Krebsbehandlung: "In Trance versetzt gelingt es manchem Tumoraptienten, durch Visualisierungen und Imaginationen bösartige Geschwulste am Weiterwachsen zu hindern, sie sogar zurückzubilden" - so Wiesendanger.

Im Mittelpunkt des Artikel steht die Knochenkrebsbehandlung des Krefelder Diplom-Psychologen Dr. Gerhard Susen. Der Autor schildert wie Susen bei einer 56-jährigen Knochenkrebspatienten den Krebs erfolgreich besiegen konnte. Nach der Teilremission konnte sogar Chemotherapie und alle weiteren Medikamente abgesetzt werden. Bis heute ist die Patientin immer noch frei von krebsverdächtigen Befunden. Susen konnte der Patientin eine neue Einstellung zu ihrem Körper vermitteln. "In jedem Körper", so Susen, "ist ein positives und heilendes Prinzip verankert. Das kann man das Unbewußte nennen oder den 'inneren Freund'. Auch ein Symptom wie Krebs entspringt nicht der Laune des Organismus, sondern enthält eine Botschaft ... muß irgend einen Nutzen haben, den wir, auch wenn wir ihn nicht erkennen können, doch anerkennen sollten." Weiterhin betont Susen, daß der Aufbau einer feindseligen Einstellung zum eigenen Organismus, lanfristig nutzlos sei."Essentiell" für den Heilungsprozess sei eine positive Einstellung zu den inneren Prozessen des Körpers. Der Körper, auch der kranke, müsse als Partner umworben werden, "der Hilfe leistet und dem man Vertrauen entgegenbringen kann."

Gefühle beeinflussen Immun-Reaktion

Die Psychoneuroimmunologie bestätigt Susens Erkenntnisse. Das Immunsymstem werde durch begleitende psychische Prozesse stark beeinflusst. Seelische Belastungen könnten Immunreaktionen unterdrücken und zur Entstehung von Krankheiten beitragen. Hypnose könne das Immunsystem direkt und indirekt beeinflussen:

Inzwischen kann die Hypnose-Therapie beträchtliche Erfolge aufweisen. Die Imagination der "machtvollen Heilkräfte" beim Krieg gegen die Tumore weise eine Erfolgsquote auf, die die Schulmedizin zum Denken bringen müßte.

 

 

 

Psychologie heute: "Sie haben Krebs, wissen Sie das?"

Die Ausgabe November 1995 der Fachzeitschrift "Psychologie heute" behandelt ausführlich das Thema Krebsdiagnose-Übermittlung. Tom Doch diskutiert, wie Ärzte ihren Patienten schwerwiegende Diagnosen übermitteln. Neben einer Reihe von Beispielen der Brutalübermittlung, zeigt Doch auf, was bei der Diagnoseübermittlung zu beachten ist und welchen Stellenwert die Informationsübermittlung für die Krebstherapie hat.

Zu Beginn berichtet der Autor über Brutalübermittlungen der schlimmsten Form. Zu oft werde der Patient während der Visite mit der Schreckensbotschaft überrumpelt und mit seinem Schicksal allein gelassen.Viele Ärzte sind mit ihrer Botenfunktion überfordert und versuchen die Dianoseübermittlung schnell hinter sich zu bringen. Zu recht urteilt Doch: "Brutalübermittlungen dieser Art wirken herzlos, kalt und abweisend. (...) Leichtfertig wird die Grenze zur fahrlässigen Seelen- und Körperverletzung überschritten". Am schlimmsten sei, daß das Vertrauen in Können und Umsichtigkeit des Artzes zerstört würde, das von signifikanter Bedeutung für den Erfolg jeder Therapie sei. Im folgenden schildert Doch die Erfahrung eines Arztes, der lernt, das es für die Übermittlung der Schreckensbotschaft auch bessere Wege gebe. Nach der Diagnose-Übermittlung beim Patienten zu bleiben, abzuwarten und zuzuhören, gäben dem Patient und auch dem Arzt ein erheblich besseres Gefühl.

Gründe für die unsensible Diagnose-Übermittlung sei Unsicherheit und mangelnde Kompetenz in Gesprächsführung. Das Medizinstudium schließe Gesprächsführung und Kommunikationstechniken nicht mit ein. Die wenigen Seminare, die vereinzelt an Universitäten angeboten würden, fielen bei den Studenten nur auf geringes Interesse. Hinzu käme, daß die meisten Ärzte total überlastet seien und im rationalisierten Praxisbetrieb nur wenig Zeit bliebe für ein einfühlsames Arzt-Patienten-Verhältnis. Außerdem beklagt der Autor, daß eine Kooperation von Medizin und Psychologie nicht ausreichend stattfände.

Bei der Übermittlung von schwerwiegenden Dianosen habe der Arzt folgendes zu beachten:

 

 

Psychologie heute: "Der Patient hat einen Anspruch auf die Wahrheit"

Psychologie heute rundet das Thema mit einem Gespräch mit dem Medizinprofessior über die Sprachlosigkeit der Ärzte ab. Professor Dr. Linus Geisler ist seit 1976 leitender Arzt der Inneren Abteilung am St. Barbara-Hospital in Gladbeck. Er ist Autor des Buches "Arzt und Patient - Begegnung im Gespräch (Pharma-Verlag, Frankfurt). Das Gespräch mit Professor Geisler führte Tom Doch.

Geisler sieht das Problem der katastrophalen Dianose-Übermittlungen in der Tendenz, daß durch dir Hightech-Medizin der Wert der Kommunikation in den Hintergrund gerückt sei. Dabei sei das Wort immer noch das wichtigste Instrument des Arztes. Er verbringe 70 bis 80 Prozent seiner Arbeitszeit sprechend. Ein weiteres Problem sei, daß der Arzt "den Kopf voll" habe. Er müsse die Diagnose richtig übermitteln, die Aufklärungs-Gepflogenheiten und juristischen Modalitäten beachten. Die eigenen Ängste des Arztes machen den Moment der Diagnose-Übermittlung zu einem Kanossagang.

Geisler weist darauf hin, daß die Diagnose immer schon ein Teil der Therapie sei. Fände der Arzt in den ersten 10, 20 Sekunden eines solchen Gesprächs nicht die richtigen Worte, stehe die Therapie von Anfang an unter einem schlechten Stern. Schon Goethe habe gesagt: "Wer das erste Knopfloch verfehlt, wird beim Zuknöpfen immer Probleme haben." Da die Wahrheitsübermittlung beim Patienten immer mit Assoziazionen verbunden sei, müsse das individuelle Vorwissen des Patienten miteinbezogen werden.

Geisler betont, daß Wahrheitsübermittlung ein prozeßhaftes Geschehen sei und keinesfall mit der Betätigung eines Kippschalters zu tun habe. Aus diesem Grund müsse man besonders SANFT und mit viel EINFÜHLUNGSVERMÖGEN vorgehen. Auch wenn der Patient Anspruch auf die Wahrheit habe, müsse die Phasen der Verdrängung beim Patienten respektiert werden. "Niemand kann lange in die Sonne der Wahrheit sehen" - so Geisler. Sigmund Freund, der ein Kieferkarzinom hatte, soll zum behandelnden Arzt gesagt haben: "Mit welchem Recht sagen Sie mir die Wahrheit"?

 

 

 

Psychologie heute: "Die Schulmedizin muß bewußter mit dem Prinzip Hoffnung umgehen"

In der Ausgabe Mai 1996 berichtet die Zeitschrift Psychologie heute über ein Gespräch mit dem Onkologen Gerwin Kaiser, Sprecher der Arbeitsgruppe Biologische Krebstherapie der Deutschen Krebshilfe in dem er Stellung bezieht über unkonventionelle Krebstherapien und die zukünftige Entwicklung der Schulmedizin. Kaiser betont, daß alternative Behandlungsformen bei Krebs auf keinen Fall Alternativen zu den bewährten Verfahren der Schulmedizin seien. Es fehlten fundierte Nachweise der vermeintlichen Heilerfolge und eine genaue Untersuchung der Nebenwirkungen. Der große Teil der Krebskranken, der diese Methoden in Anspruch nähme, stelle nicht die objektive Wirksamkeit in den Vordergrund, sondern suche vor allem einen verständnisvollen Therapeuten, der hilfreich zur Seite stehe. Dennoch könnten auch alternative Verfahren "indirekt" Wirkung zeigen, da sie bei psychischen Bewältigung der Krankheit unterstützten.

Auf der Suche nach einer Lösung gegen den Krebs, habe man vermehrt nach Vorkommen von sekundären Pflanzenstoffen mit krebsbekämpfender Wirkung geforscht. Die "phytochemische Feinarbeit" der Forscher würde durch die Tatsache erschwert, daß es etwa fünf- bis zehntausend bioaktiver Substanzen gäbe, deren additive oder synergetische Wirkung noch unerforscht sei. Einige Studien belegten hingegen, daß Phytochemikalien "richtige Lebensmittel" und gesunde Ernährung nicht ersetzten. Der amerikanische Gesundheitswissenschaftler Paul Rosch betont, daß es unmöglich sei, "ein der Natur gleichwertiges Phyto-Konzentrat" industriell herzustellen. "Im Klartext: Bei Phyto-Pillen handelt es sich um Mogelpackungen.", so Watzl und Leitzmann.

Der renommierten amerikanische Ernährungswissenschaftler T. Colin Campbell von der Cornell Universität geht davon aus, daß etwa 80 bis 90 Prozent der gesamten Herz- und Krebserkrankungen vermieden werden könnten, wenn die Menschen eine höhere Priorität auf gesunde Ernährung setzten. "Undere Ernährungsweise ist ein Killer", meint Cambell. Er weist außerdem darauf hin, daß zwischen Intelligenz, Genuß und Gesundheit eine Verbindung bestehe, allerdings nur bei der Gabe natürlicher Lebensmittel.

Kaisers Arbeitsgruppe sei bei Bewertung alternativer Verfahren vor allem auf methodische Schwierigkeiten gestoßen. Überwiegend fehlten ausreichende fachwissenschaftliche Informationen. Denoch versuchte man die Frage nach der Wirksamkeit im Interesse aller Krebskranken genau zu überprüfen und solche unkonventionellen Verfahren zu entdecken, die möglicherweise weiter entwickelt werden könnten. Die nach Kaiser eher "unsicheren Kandidaten", die mit unerfüllbaren Erfolgsverheißungen, Krebspatienten gefährdeten, versuche man herauszufiltern.

Jeder Onkologe sei zu einem verantwortungsvollen Umgang mit dem Prinzip Hoffnung aufgerufen und sollte nach Kaiser auch die Vielfalt unkonventioneller Verfahren sowie Ernährung, körperliche Bewegung, Sexualität, psychische und soziale Hilfe in das Behandlungskonzept miteinzubeziehen. Die Schulmedizin müsse lernen bewußter und differenzierter mit dem therapeutischen "Prinzip Hoffnung" im Sinne von menchlicher Wärme und Hoffnung umzugehen.

 

 

 

Psychologie heute: Psychoonkologie: Therapie, weil die Seele leidet

Sabine Fritsch hebt in ihrem Artikel "Therapie, weil die Seele leidet?" (Psychologie heute, Ausgabe Februar 1997) die Bedeutung der psychosozialen Unterstützung bei Krebspatienten hervor. Weltweit gehe man davon aus, daß Krebs multifaktorielle Ursachen vor allem im Bereich der Psychoneuroimmunologie (PNI) hat. Für den Wiener Psychoonkologen und Psychiater Walter König, Begründer der Österreichischen Gesellschaft für somatische und psychosomatische Onkologie, seien Ärzte und Patienten bei Krebs mit Ängsten, Hilflosigkeiten und Depressionen konfrontiert. Um den schwierigen Umgang mit Krebskranken zu verbessern, hält König professionelle Team- und Einzelsupervisionen auf Krebsstationen ebenso notwendig wie ein umfassendes Gesprächs- und Kommunikationstraining für den Arzt. 40 bis 50 % aller Krebspatienten leideten an psychischen Beschwerden, schweren Persönlichkeits- und Anststörungen; jeder zehnte leide unter Depressionen.

Generell, so der Nürzberger Krebs-Mediziner Ortwin Kaiser, sollte jeder krebsbehandelnde Arzt auch unkonventionelle Verfahren in sein Behandlungskonzept einschließen. Die Bedeutung sogenannter "weicher Faktoren" wie Ernährung, körperliche Bewegung, Sexualität und psychische und soziale Unterstützung sei nicht zu unterschätzen. Bei einer Großstudie des Psychoonkologen Thomas Küchler im Auftrag des Bundesministeriums für Forschung am Hamburger Universitätskrankenhaus wurden diese Zusammenhänge bestätigt. Die psychozialbetreute Kontrollgruppe überlebte die nur medizinisch behandelte Kontrollgruppe um genau 101 Tage.

 

 

 

Psychologie heute: Onkologie: Die Bedeutung eines "krebsgesunden Lebens"

In der Ausgabe Februar 1997 der medizinischen Fachzeitschrift "Psychologie heute" geht Andreas Huber (Redaktion) auf die Bedeutung der Prävention bei der Krebsbekämpfung ein. Krebs sei die zweithäufigste Todesursache in Deutschland und man müsse in den nächsten 15 Jahren mit einer Verdoppelung der Krebserkrankungen rechnen. Allerdings könne die Schulmedizin nahezu 45% der jährlich 300.000 an Krebs erkrankten Menschen mit naturwissenschaftlichen Methoden wie Chirurgie, Strahlen- und Chemotherapie heilen. Auf der anderen Seite könne man mit der modernen Gentherapie weder Menschen heilen noch behandeln - so die Krebsmedizinerin Maren Killmann. Auch der renommierte Harward-Mediziner Walter Willett räumt ein, daß man trotz aller Forschung der "Hochleistungsonkologie" mit der Krebsforschung immer noch am Anfang stehe. Man wisse zu wenig über die genauen Hintergründe der Krebsentstehung.

Aus diesem Grund müsse der Vorbeugung und einem "krebsgesunden" Lebensstil wesentlich höhere Bedeutung beigemessen werden. Nicht umsonst verabschiedete die EU einen "europäischen Kodex zur Krebsbekämpfung". Die meisten Erwachsenen hätten ein sehr großes Interesse an der Krebsprävention. Generell sei in der Bevölkerung ein hohes Maß an Gesundheitsbewußtsein.

Der "soziale Faktor" bei der Krebsbekämpfung werden hingegen vollkommen unterschätzt. Zu unrecht!

Trotz dieser eindrucksvollen Erkenntnisse sei die "soziale Frage" bei der Krebsbekämpfung immer noch zu wenig erfoscht. Der Medizinpsychologe Joachim Kepplinger hebt hervor: Man wisse zuwenig über die Strukturen und innere Differenzierung der Paarbeziehung bei der Krankheitverarbeitung.

 

 

 

 

Psychologie heute: "Psychologische Heilungsphantasien sind eben nur das: Phantasien"

Reinhold Schwarz, Facharzt für Psychotherapeutische Medizin, Soziologe und Psychoanalytiker, ist in Heidelberg ärztlicher Leiter des Psychosozialen Nachsorgezentrums für Tumorpatienten; viele Publikationen zum Thema, darunter "Die Krebspersönlichkeit" (Schattauer-Verlag, Stuttgart 1994)

Die Ausgabe Februar 1997 der medizinischen Fachzeitschrift "Psychologie heute" veröffentlicht ein Gespräch mit dem Krebsmediziner Reinhold Schwarz, in dem er Stellung bezieht über alternative Krebsheilungen, die "Krebspersönlichkeit" und die Bedeutung der Psychoonkologie.

Schwarz sieht die psychotherapeutinsche Begleitung von Krebspatienten absolut für notwendig. Jedoch könnten seiner Meinung nach alternative Krebsheilmethoden keinesfalls "alternativ", sondern nur komplementär eingesetzt werden. Die Neue Medizin nach Dr. Hamer sei für Krebspatienten extrem gefährlich, wie der spektakuläre Fall des krebskranken Mädchens gezeigt habe.

Die sogenannte "Krebspersönlichkeit" der Psychoonkologie sei eine klare Fehleinschätzung - so Schwarz. Den "depressiven Typ C", für den das Krebsrisiko besonders hoch sei, gäbe es nicht. "Die Depressivität hat nichts mit dem Tumor zu tun - sondern mit der Furcht davor", meint Schwarz. Das "Typ-C-Verhalten" im Sinne gelernter Hilflosigkeit und belasteter Kindheitsereignisse könnte keiner empirischen Überprüfung standhalten. Ein Krankheitsbild könne nicht mit einem bestimmten Persönlichkeitsmuster verknüpft werden, wenn die Ursachen dieser Krankheit unklar seien.

Weiterhin spricht sich Schwarz klar gegen das DHS (Dirk-Hamer-Syndrom) aus. Krebsauslöser könne keinesfalls ein schrechliches Ereignis in der Vergangenheit sein. Diese "Überlastungstheorie" schließe nur seelische Krankheitsursachen mit ein; Schwarz hingegen plädiert für ein mulikausales Verständnis.

Schwarz räumt ein, daß es psychosomatische Faktoren gebe, die Krebs fördern (z. B. Risikoverhalten, langandauernde Überlastung und chronische psychosomatisch mitbedingte Erkrankungen), jedoch seien Streß und seelische Überlastung und Erschöpfung nur unspezifische Krankheitsfaktoren."Bei der Diagnose Krebs hingegen sind zunächst gravierende psychische Folgen wesentlich", meint Schwarz.

Auf der anderen Seite könne "die Bedeutung der Psychoonkologie für die Betreuung krebskranker Menschen und ihrer Angehörigen nicht hoch genug eingeschätzt werden", so Schwarz. Dennoch: Die Psychoonkologen müßten sicht bewußt sein, daß ihr Angebot in Kooperation mit der medizinischen Therapie erfolgen muß - und psychologische Heilungsphantasien als Phantasien und nicht als Realität anzusehen seien.

 

 

 

Hermann Faller, Mediziner und promovierter Psychologe, ist Oberarzt am Institut für Psychotherapie und Medizinische Psychologie der Universität Würzburg. Seine klinischen Erfahrungen in der Betreuung krebskranker Menschen und als psychoonkologischer Forscher werden in dem demnächst erscheinenden Buch "Krankheitsverarbeitung bei Krebskranken" (Hogrefe-Verlag, Göttingen) beschrieben.

Psychologie heute: "Der Krebskranke darf auch mal depressiv und traurig sein"

Die Ausgabe April 1998 der medizinischen Fachzeitschrift 'Psychologie heute' berichtet über ein Gespräch mit dem Psychoonkologen Herrmann Faller. Im Schwerpunkt äußert sich Faller zu den Themen "fighting spirit" - dem wahren Kampfgeist gegen Krebs - und den Stand der psychologischen Krebsforschung. Faller betrachtet die psychologische Komponente der Krebsforschung eher skeptisch. Die "aktive, kämpferische Einstellung gegenüber der Krebserkrankung - der Fighting spirit -" könne zwar den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen, jedoch müsse dies nicht notwendigerweise so sein.

Auch die emprischen Forschungsergebnisse zur sogenannten "Krebspersönlichkeit" seien eher "inkonsistent". Es spreche vieles dafür, daß "die unter dem Stichwort "Krebspersönlichkeit" beschriebenen Phänomene eher eine Reaktion auf die Krebsdiagnose darstellen, statt seine Ursache zu sein." - meint Faller. Man müsse Gefühle und Seelenleben des Patienten immer ernst nehmen und für eine besondere psychologische Unterstütztung bei der Krankheitsbewältigung sorgen. Der Kranke müsse selbst herausfinden, welche Form der Krankheitsverarbeitung angemessen sei. Zusätzliche alternative Behandlungsformen, gäben dem Kranken das Gefühl selbst etwas zu tun und förderten eine aktive Bewältigungsstrategie. Es sei besonders wichtig, daß man dem Kranken vermittelte, daß er auch traurig und depressiv sein dürfe und das zum Verarbeitungsprozeß dazugehöre.

Die psychologische Forschung weise gravierende Mängel auf. Neben widersprüchlichen Befunden, zeigen methodische Probleme zumindest, daß man Ergebnisse eher vorsichtig interpretiere und man an der Qualität der Forschung arbeite. Dennoch: Bewiesen sei daß "aktives Coping im Sinne eines Fighting Spirit" die Überlebenszeit bei Lungenkrebskranken verlängere, während emotionale Belastung und Depressivität die Lebenszeit verkürze. Der Fighting spirit erhöhte demnach die immunologische besonders wichtigen Killerzellen.

Trotz dieser Indizien sei es nicht ausgeschlossen, "daß die psychologische Faktoren lediglich Indikatoren des körperlichen Zustandes sind - und nicht umgekehrt die körperliche Befindlichkeit direkt beeinflussen" - so Faller. Nur durch langfristige, sogenannte "prospektive Interventionsstudien", könnten die kausalen Effekte einer Veränderung der Krankheitsbewältigung präzise überprüft werden. In jedem Fall müßte für Krebskranke spezielle psychotherapeutische Behandlungsprogramme entwickelt werden, die viel konkreteren Maße in der Akutmedizin und in der Rehabilitation eingesetzt werden sollten.

 

 

 

 

Psychologie heute: Kann man Krebs doch wirksam vorbeugen - und heilen?

In der Ausgabe Mai 1998 der medizinischen Fachzeitschrift 'Psychologie heute' werden mit Blick auf das Gesamtumfeld der Psychoonkologie die psychologischen Einflüsse bei Krebskranken diskutiert. Allein in den USA wurden in den letzten 20 Jahren mehr als 25 Milliarden Dollar in die Krebsforschung investiert. Nicht ganz ohne Erfolg, meint der Autor. Einige Krebsarten hätten durch radiologische, chemotherapeutische oder chirurgische Verfahren gute Heilungschancen. Auch in der molekulargenetischen Forschung sei man ein gutes Stück weiter gekommen. Weiterhin hätten die Erkenntnisse der Psychoneuroimmunologie den Zusammenhang zwischen Immunsystem und seelischen, körperlichen und psychosozialen Einflüssen erwiesen. Vor dem Hintergrund der Kompexität der beteiligten Prozesse, sei es wichtig, einen besonderen Schwerpunkt auf die systemische Psychosomatik zu legen. Für das Verständnis der Wechselwirkungen zwischen Psyche und Körper sei der Begriff "Synergetik" wesentlich. Während "Synergetik" ein "Zusammenwirken" bezeichnete, sei "Synergie" nicht nur ein addieren, sondern auch potenzieren der relevanten Faktoren.

Zweiter essentieller Schlüsselbegriff der systematischen Psychoonkologie ist die Selbstregulation - auch "Selbstorganisation" und "Autopoiese". Aus systemischer Sicht könne Heilung immer nur Selbstheilung im Sinne von Deblockierung der Selbstregulation sein. Was für die Synergetik von Risikofaktoren gelte, stimme auch für die förderlichen oder "salutogenen" Heilfaktoren. Auch bei Ihnen könne es zu einer potenzierten Wirkung kommen. So beruhten Spontanremessionen auf psychisch salutogenen Aspekten wie "Überlebenswillen, Orientierung an Lust und Wohlergehen, Sinnfindung in nahen Beziehungen und einer sich mit Lebensfreude und Lebenszuversicht verbindenden, oft auch religiös fundierten Gelassenheit." - meint Huber (Redaktion).

Im Rahmen der Heidelberger Krebsstudien sei die Rolle der Selbstregulation und salutogener Faktoren bei Krebs ausführlich untersucht worden. Bei eingeschränkter Selbstregulation falle die Mortalität bei krebskranken Männer und Frauen gleich aus. Jedoch bei optimaler Selbstregulation, falle die Überlebensrate bei beiden Kontrollgruppen deutlich höher aus.

Kern der Heidelberger Krebsstudien ist die sogenannte Krebspersönlichkeit. Danach lassen sich Menschen in bestimmte Typen einordnen (s. Tabelle). Typ 1 sei deutlich anfäller für Krebs als Typ IV, der die höchste Überlebensrate aufweise.

Um derartige Verhaltensweisen und Einstellungen vorzubeugen, versucht die prospektive Interventionsstrategie, fehlende Verhaltensweisen zu trainieren.Grossarth-Marticek untersuchte in einem Versuchsprojekt den Einfluß unterschiedlicher Interventionsmaßnahmen auf die Krebspersönlichkeit. Zwei Kontrollgruppen mit gleicher Risikoanfälligkeit wurden unterschiedlichen Behandlungsmethoden ausgesetzt. Eine Kontrollgruppe erhielt, falls notwenig, konventionelle medizinische Behandlung, die andere Kontrollgruppe wurde mit unterschiedlichen Interventionsmaßnahmen konfrontiert: Ernährungsberatung, Raucherentwöhnung, Multivitamingaben, etc. Als die wirksamste Interventionsmaßnahme stellte sich das "Autonomietraining" heraus. Dabei sollte Selbstregulation soweit wie möglich "trainiert" werden. Es zeigte sich, daß man durch ein gezieltes "Autonomietraining", die Krebserkrankung in vielen Fallen eindämmen konnte. Das "Autonomietraining" zeigte deutlich höhere Wirksamkeit als andere Interventionsmaßnahmen. Die Heidelberger prospektiven Studien belegen, daß durch "Autonomietraining" die Überlebenschance bei Krebs sich um ein Vielfaches erhöhte:

Das "Autonomie"-Training zielte lediglich darauf ab, die Lernfähigkeit im psychisch-sozialen Bereich zu "trainieren". Dabei ginge mam von den gleichen Prinzipien aus wie die der systemischen Therapien. Die systematische Psychoonkologie sehe das Krebsleiden und eine blockierte Selbstheilung (wie Typ I) als Ausdruck und Folge einer geschwächten Selbstregulation. Einzel- und systemische Therapien gäben einen "Tiefenblick" in die seelischen und beziehungsbezogenen Faktoren, die bei einer Krebserkrankung beteiligt sein könnten. Im wesentlichen unterscheide man zwei problematische Szenarien:

  1. Beim ersten Szenarium mangele es generell an Beziehungen, die die Basis für einen zwischenmenschlichen Austausch und damit eine gelingende Selbstregulation überhaupt bewirken könnten. Ein Teil dieser Gruppe neige aus Ersatzbefriedigung zu extrem selbstschädigendem Verhalten.
  2. Beim zweiten Szenarium komme zu einer sich verstrickend auswirkenden und häufig mit Hemmung einhergehenden Bindung. Aufgrund dieser Verstrickung werde oftmals das Wissen einer gesundheitsbewußten Lebensweise nicht in die Praxis umgesetzt.

In den Therapien des Heidelberger Teams werden Auswege aus diesen Zwickmühlen gefunden. Vor allem lerne man darauf zu achten, was einem wirklich guttue. Durch dieses Training könne es in vielen Fällen sehr schnell zu einem sprunghaften Wandel kommen, einem "discontinuous change". Durch den Anstoß eines Elements in einem komplex vernetzten Systems veränderten sich auch alle anderen Elemente. Konsequenz: "Aus einem negativen Zirkel und Teufelskreis kann so ein positiver, selbstheilender Prozeß entstehen." - berichtet Huber.

 

 

 

Psychologie heute: "Wir können mehr gegen Krebs tun, als man annnimmt"

 
Helm Stierlin, Jahrgang 1926, war von 1974 bos 1991 Ärztlicher Direktor der Abteilung für Psychoanalytische Grundlagenforschung und Familientherapie der Universität Heidelberg; mehrere Professuren und Gastdozenturen an amerikanischen Universitäten sowie in Australien und Neuseeland. Er ist einer der Gründungsväter der Familien- und systemischen Therapie im deutschsprachigen Raum; Gründer der Zeitschrift "Familiendynamik"; sein bisherisges Lebenserk umfaßt fast 200 wissenschaftliche Arbeiten, seine 12 Bücher würden in 10 Sprachen übersetzt.

In der Ausgabe Mai 1998 berichtet 'Psychologie heute' über ein Gespräch mit Helm Stierlin, daß Andreas Hube mi Frühjahr 1998 mit dem Wissenschaftler geführt hatte. Stierlin äußert sich über die Durchbrüche in der Psychoonkologie und die Heidelberger Krebsstudien. Obwohl Stierlin die Kritik an der sogenannten Krebspersönlichkiet teile, hält er an den beiden Verhaltenstypen - Typ I und Typ IV - fest. Typ I sei gekennzeichnet durch einen Zustand des "Sich-nicht-Wohlfühlens voller Hoffnungslosigkeit". Das Hauptmißverständnis liege darin, den Begriff der Krebspersönlichkeit als "naturgegeben" und "unveränderbar" zu verstehen. Verhaltensmuster könnten verändert werden und daduch das persönlichkeitsbestimmende schöpferische, gesunde Potential eines Menschen wieder ins Leben gerufen werden. Mal solle daher nicht von "Krebspersönlichkeit", sondern von einer "Krebsmentalität" sprechen.

Ein wesentlichen Problem, daß Krebspatienten belaste, sei die Schuldfrage. In das Konzept der Krebspersönlichkeit paßt die Annahme, daß man den Krebs aufgrund eines bestimmten persönlichen Wesensmerkmals selbst verursacht habe. Die Belastung mit dieser Schuld könne sich sehr "destruktiv" auswirken. " Krebspatienten sollen sich also nicht von ihrer Persönlichkeit befreien, sondern von der krankmachenden Schuldlast. Das einzige, für das sie sinnvoll Verantwortung übernehmen können, ist, sich zukünftig um ihr Wohlbefinden zu kümmern, so gut es geht." - folgert Stierlin.

Auf die Frage von Huber, wie er zu den Angriffen an seinem Koautor und Datenlieferant Grossarth-Marticek stehe, meint Stierlin, daß die Studien seines Kollegen zwar umstritten seien, aber die Begutachtung 300 Fachwissenschaftlern bestanden hätten. Hans-Jürgen Eysencks beurteilt die Arbeit sehr positiv: "Die prospektiven Studien von Grossarth-Maticek und seinen Mitarbeitern zählen zu den am besten kontrollierten und überprüften in der Welt." Stierlin wirft ein, daß die tiefsitzenden Grundannahmen der Studien die Grundannahmen der Wissenschaft ins Wanken brächten. Stierlin spricht von "einer Revolution im Umgang mit Gesundheit und Krankheit", da dem psychologischen Foktor eine niedagewesene zentrale Bedeutung zugewisen würde. Im Sinne der Krebskranken hoffte, daß die Etablierung des Konzepts der prospektiven Studien trotzt des Gegenwind schnell voranschreite. Jeder sollte die Freiheit haben, seine (gesundheitliche) Situation zu verändern. Jede noch so verzwickte "Zwickmühle" könne therapeutisch schnell aufgelöst werden und damit Gesundungsprozesse und neue Lebensenergien freigesetzt werden. Ärzte und Therapeuten müßten sich im Sinne der Heidelberger Studien weiterbilden, da "auch für das Gesundheitswesen geben sich weitreichende Folgen, da immense Behandlungskosen eingespart werden könnten." - so Stierlin.

Das "Autonomietraining", daß innerhalb der Heidelberger Studien zur Veränderung der Verhaltensmuster eingesetzt würde, sei eine "flexibel gehandhabte Kurztherapie", die "durch verschiedene therapeutische Techniken, Anstöße zur Verhaltensänderung" vermittelte und "ganz auf die individuelle Bedürfnis- und Ressourcenlage" zugeschnitten sei. Das Training in Form von Einzelgesprächen und/oder Einzelsitzungen sei "zukunfts-, lösungs- und ressourenorientiert. Ziel sei, eine Eigeninitiative einzuleiten und dem Patienten auf Dauer Wohlbefinden zu verschaffen. Denn: "Wohlbefinden läßt sich gleichsam als Motor, Ausdruck und Folge einer gelingenden Selbstregulation verstehen." - so Stierlin. Eine Blockierung des Sich-zum-Ausdruckbringens bewirke eine Grundgefühl des Unwohlsein. Folge: ein Zustand stiller Verzweiflung, nach dem amerikanischen Therapeut Le Shan die "bottle-up"-Energie, die Menschen krank mache. Durch eine verbesserte Selbstregulation blühte das Individuum auf und verfüge über beste Heilungschancen.

Grossarth-Maticeks Studien seien trotz psychoonkologischer Ausrichtung in einem systemischen Blickwinkel zu betrachten. Die Studien basierten auf dem Konzept der "Selbstorganisation und Selbstregulation, die in unserem Jahrhundert die biologischen Wissenschaften und in den letzten Jahren die systemische Therapie revolutioniert haben" - argumentiert Stierlin. Die prospektiven Studien seien "systemisch" ausgerichtet, da man der Bedeutung der "Synergie - eine potenzierendes, systemisches Zusammenwirken von Risikofaktoren" und auch dem Kausalverständis eines "rückgekoppelten, "vernetzten" Prozesses" einen hohen Stellenwert zuweise und in die Studien integriere. Nach Stierlin sei "systemisch (...) eine existentielle, lebensweltlich orientierte Dimension, da es darauf ankommt, Wohlbefinden als Ausdruck und Folge der Selbstregulation zu sehen." Wohlbefinden in Stierlins Sinne beschränke sich nicht allein auf "puren Hedonismus", sondern bringe auch etwas "Sinnvolles in die Welt". Je mehr Lebensfreude man ausstrahle, desto mehr würden andere Menschen dazu übergehen sich aus "Ichzentriertheit und Selbstabschottung" zu befreien.

Beim Gesundungsprozeß des Krebskranken solle die Familie nicht überbewertet werden. Der familiäre Rückhalt sei wichtig, jedoch hänge Heilung davon ab, wie aktiv der Krebskranke versucht, Konflikte in den jeweiligen Beziehungssystemen zu lösen. Stierlin mißt einem gesunden Konfliktmangement sehr große Bedeutung zu: "Konflikte gehören zum Prozeß einer gesunden Entwicklung, die ich als bezogene Individuation beschrieben und erforscht habe. Systemisch orientierte Therapeuten und Berater können bei solch heilendem Konfliktmanagement eine große Hilfe sein."

Kernfrage bei der Suche einer Therapieform sollte sein: "Wieweit helfen mir diese Personen, damit ich meine Selbstregulation und mein Wohlbefinden tatsächlich fördern kann?"

 

 

 

 

Psychologie heute: Krebs - Macht und Ohnmacht der Psychologen

In der Ausgabe November 1998 der Fachzeitschrift 'Psychologie heute' diskutiert Claudia Schmidt-Rathjens die "Heidelberger Krebsstudien" des Heidelberger Vielforschers Professor Dr. Dr. Ronald Grossarth-Maticek, Direktor des von ihm gegründeten ECPC, des "Europäischen Zentrums für Frieden und Entwicklung", und des dortigen "Instituts für präventive Medizin". Grossarth-Marticeks Theorie beruht auf den Erkenntnissen von Hippokrates und Galen, die melancholisches Verhalten als typischen Persönlichkeitsmuster für Krebserkrankungen einstuften.


Grossarth-Marticek hat in den "Heidelberger Krebsstudien" folgende Verhaltenstypologie herausgearbeitet:

Typ 1: "Hemmung der ichbezogenen Expression" Typ 4: "gesunde Selbstregulation"
  • neurotische Tendenz
  • eigenes Wohlbefinden ist davon abhängig, unselbständige, abhängige emotionale Nähe zu geliebten Personen oder Erfolg zu bedeutsamen Tätigkeiten zu erlangen
  • "Versagertyp"
  • ist fähig, Verhalten, Ziele und Grundannahmen auf der Basis von kommunikativem Feedback, Einsicht und Reflexion zu korrigieren
  • diese Fähigkeit ist verknüpft mit Wohlbefinden und Gesundheit

Fazit:

Gesundheit und Krankheit sind nicht schicksalshaft biologisch vorgegeben. Gesundheit ist die Folge eines bestimmten Verhaltensmusters - und als solches lernbar.


Grossarth-Maticek hat seine Studie mit Co-Autorenschaft zahlreicher renommierter Wissenschaftler untermauert. Dennoch wird die Studie starkt angefochten. Sie zahlreiche theoretische und methodische Unzulänglichkeiten, Unklarheiten der Datenerhebung und -analyse und unterschiedliche Publikationen seien inkonsistent dokumentiert. Außerdem ist nicht geklärt ob:

  1. eine stärkere Ausprägung des Typ-1-Verhaltensmusters sowie
  2. eine geringe Ausprägung des Typ-4-Verhaltensmusters unterscheiden.

Die Autorin stellt an dieser Stelle drei mögliche Forschungmethoden vor, um diese Frage empirisch prüfen zu können.

1. Querschnittliche, retrospektive Studien

Personen mit einer bereits diagnostizierten Krebserkrankung werden hinsichtlich psychosozialer Variablen verglichen mit einer oder mehreren Kontrollgruppen ohne "malignen" Befund.

Vorsicht: Unklar bleibt, ob Gruppenunterschiede vor Krankheitsbeginn ("prämorbid") oder als Folge der Erkrankung auftraten ("krankheitsreaktiv"). Problem: schwierige Interpretation

2. Längsschnittliche, prospektive Studien

Große Stichprobe von gesunden Personen. Nach einem längeren Zeitraum werden die jeweiligen Persönlichkeitsmerkmale der zwischenzeitlich Krebserkrankten mit denjenigen der gesund gebliebenen Personen verglichen.

Vorsicht: Hoher Zeit- und Kostenaufwand

3. Quasi-Prospektive Studien

Kompromiß zwischen Quer- und Langsschnittstudien: Risikogruppe mit einem krebsverdächtigen Befund (etwa einem Knoten in der Brust) wird vor der entscheidenden diagnostischebn Maßnahme auf psychosoziale Mermale untersucht. Nach der Diagnosebestellung können Personen mit benignem ("gutartigem") und malignem Befund verglichen werden.

Vorsicht: Vermutung der Patienten bezüglich der Diagnose ("Antizipation der Diagnose") muß unbedingt miterhoben werden.

Zur Überprüfung der "Heidelberger Studien" wurde am Psychologischen Institut der Universität Heidelberg ein Forschungprojekt mit insgesamt 721 Patienten der Universitätsfrauenklinik sowie der Thorxklinik Heidelberg durchgeführt. Untersucht wurde, ob sich Persönlichkeitsmerkmale tatsächlich von Patienten mit beligner von solchen mit maligner Erkrankung unterschieden. Ergebnis: Keine einzige der psychologischen Variablen erwies sich als geeignet zwischen benignen und malignen Erkrankungen zu trennen. Mit dem Erkrankungrisiko korrelierte lediglich das Alter. Fazit: Je älter die Patienten sind, desto größer ist das Risiko einer Krebserkrankung.

Die Autorin warnt davor den Einfluß psychischer Prozesse bei Krebserkrankungen zu überschätzen. Eine kranke Persönlichkeit sei nicht immer mit Krebs verknüpft, vielmehr werde die Persönlichkeit durch die Diagnose Krebs krank.

 

 

Psychologie heute: Krebs - Die Ängste ernster nehmen!

Barbara Geisler diskutiert in ihrem Artikel "Die Ängste ernster nehmen!" der Zeitschrift "Psychologie heute" (Ausgabe April 1999) das Thema Angst bei Krebs. In Deutschland seien zwischen 25 und 59 Prozent der Tumorpatienten psychologisch behandlungsbedürftig. 23 Prozent der krebskranken Menschen leideten unter klinisch bedeutsamen Ängsten.

Barbara Geisler bezieht sich im folgenden auf eine Krebsstudie von Peter Herschbach, Psychologe von der Poliklinik für Psychosomatische Medizin, Psychotherapie und Medinische Psychologie der Technischen Universität München. Herschbach fand heraus, daß Tumorpatienten weniger von Schmerzen (69 Prozent) geplagt werden als von Angst vor dem Fortschreiten ihrer Erkrankung (80 Prozent). Bei dreiviertel der Krebskranken trete Angst vor Hilflosigkeit oder Siechtum, Ängste vor dem Tod, Unruhe und innere Anspannung besonders in der Phase der Diagnosestellung auf. Im fortgeschritteten Krebsstadium entwickelten sich vermehrt Depressionen.Vor allem das veränderte Körperbild belastete Brustkrebspatientinnen und Patienten mit Tumoren im Kopf-Hals-Bereich. Bei Gesichts- bzw. Hauttumoren suchten Frauen um ein Drittel häufiger eine psychoonkologische Beratung auf als männliche Krebskranke.

Krebsforscher Herschbach kritisiert den sogenannten ICD-10 (International Classifikation of Deseases). Es sei fragwürdig, daß Therapeuten und Ärzte den seelischen Zustand ihrer Patienten in ein Kategoriesystem für psychisch und seelisch Kranke, einstuften. Die Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Psychoonkologie (DAPO) habe ein weiteres Kategoriesystem erarbeitet, um die seelischen Zustände speziell für Krebskranke zu erfassen. Ziel sei, anhand eines Schlüssel - eine Art ICD für Krebskranke - für jeden Krebskranken die richtige Interventionsmaßnahme herauszuarbeiten. Nach Herschbach kümmerten sich die onkologischen Kliniken zu wenig um die Nachbehandlung von Krebspatienten. Krebskranke hätten jedoch gerade nach ihrer Behandlung Angst vor neuen Tumorbildungen oder Rückfällen. Diese "Progredienzangst" schränke die Lebensqualität vieler Krebspatienten stark ein. Herrschbachs genau zugeschnittenes Angstbewältigungstrainingstprojekt wird vom Bundesforschungsministerium und der Rentenversicherung finanziert.