Beispiel eines Diagnoseschocks, der zum
Tode führt.
Europäisches Zentrum für Frieden und Entwicklung
Universität für Frieden der Vereinten Nationen
ECPD Institut für präventive Medizin
Direktor: Prof. Dr. med. Dr. phil. Grossarth-Maticek
Gutachten für Günter Heiß
Reichenaustr. 30
78224 Singen
Betrifft: Behandlung von Frau Dr. Gebert-Heiß im Singener Hegauklinikum
Ich beziehe mich auf die in fünf Seiten zusammengefasste Information von
Herrn Günter Heiß mit der Überschrift "Hoffnung und Tod",
in dem er die Krankheitsgeschichte und die Behandlung seiner Frau Dr. med. Gebert
ausführlich beschreibt. Ich halte den sehr detaillierten Bericht für
exakt, ehrlich und glaubwürdig. Allerdings ist es nicht in meinem Kompetenzbereich,
den Wahrheitsgehalt der Informationen zu bestätigen oder zu widerlegen.
Somit geht mein Gutachten von der Annahme der Glaubwürdigkeit und der Wahrhaftigkeit
der Aussage von Herrn Günter Heiß aus.
Ich möchte mich außerdem in diesem Gutachten nur auf einen
zentralen Punkt beziehen, nämlich über die Art der Mitteilung der
Diagnose und Prognose eines Arztes Frau Dr. Gebert gegenüber,
die sich zu diesem Zeitpunkt in einem äußerst schweren körperlichen
Zustand befand. Die Krankheitsgeschichte und der körperliche Zustand zu
diesem Zeitpunkt sind von Herrn Günter Heiß in seiner fünf-seitigen
Zusammenfassung so exakt beschrieben, dass ich hier auf eine zusammenfassende
Wiederholung verzichten möchte und auf die Originalquelle hinweise.
Wortwörtlich soll der Oberarzt der Frauenklinik Folgendes zu Frau Gebert
gesagt haben: "Frau Dr. Gebert, wir können für Sie nichts
mehr tun. Nachdem wir die Röntgenaufnahmen gesehen haben, ist Ihre Lunge
absolut verkrebst und Sie haben keine Chance mehr. Wir können Sie nur noch
unterstützen im Bereich der Sterbebegleitung. Wir spritzen Ihnen nun eine
Morphiumspritze, um Ihnen die Schmerzen zu ersparen."
Die Mitteilung der katastrophalen medizinischen Lage führte bei Frau Dr.
Gebert offensichtlich zur Resignation und Aufgabe der Kampfbereitschaft gegen
die Erkrankung. Auch weitere Richtigstellungen würden auf Grund der vorhergehenden
Information bei einer Ärztin nicht mehr glaubwürdig klingen, weil
sie annehmen musste, dass ihr nicht mehr die volle Wahrheit gesagt wird. Wenn
einem Krebspatienten Informationen über einen katastrophalen medizinischen
Zustand und völlige Hoffnungslosigkeit in Bezug auf die Krankheit mitgeteilt
werden, dann besteht die erhöhte Gefahr, dass sich die Lebensqualität
bei einem Teil der Krebspatienten erheblich verringert und es kann sogar zur
Verkürzung der Lebensdauer kommen.
(R. Grossarth-Maticek (2000) Autonomietraining. Gesundheit und Problemlösung
durch Anregung der Selbstregulation. Berlin: de Gruyter).
Im Fall von Frau Dr. Gebert besteht sogar eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass
die Lungen gar nicht voller Krebsmetastasen war und dass die Mitteilung über
den katastrophalen medizinischen Zustand eines metastasierenden Karzinoms in
der Lunge auf Grund einer gravierenden Fehldiagnose zustande kam. Eine Mitteilung,
wie sie der Oberarzt Frau Dr. Gebert gegenüber unternommen hat, ist völlig
unabhängig von der individuellen Motivation eine allerschwerste seelisch-körperliche
Verletzung und das in einem Zustand, in dem eine Person einer erhöhten
schonenden Fürsorglichkeit bedarf.
Möglicherweise ist es in der modernen Medizin noch nicht genügend
bekannt, dass eine Information, die extremen Stress, Resignation und Hoffnungslosigkeit
hervorrufen kann, und die in einer Situation der Hilflosigkeit und der Unfähigkeit
der Stressbewältigung gegeben wird, vor allergrößter krankheitsverschlechternder
Funktion sein kann.
In der deutschen und internationalen Medizin gibt es eine überwiegende
Anzahl von hoch engagierten Ärzten, die alles Erdenklichen für ihre
Patienten tun und von diesen immer wieder tiefe Dankbarkeit erfahren. Leider
gibt es immer wieder relativ seltene Fälle, in denen die Ärzte den
Patienten katastrophale Diagnosen in einer Situation mitteilen, in der die Patienten
nicht mehr fähig sind, die enorme Überforderung durch solche Informationen
zu bewältigen. Da es sich in solchen Fällen zweifellos um seelisch-körperliche
Verletzungen mit erheblichen negativen Folgen handelt, wäre es aus meiner
Sicht äußerst begrüßenswert, wenn die Justiz nicht schonende,
den Patienten traumatisierende und völlig überfordernde ärztliche
Information unter erhebliche Strafe stellen könnte.
Aus diesem Grund würde ich es als Wissenschaftler begrüßen,
wenn ich der Justiz eine Anregung geben könnte zu überlegen, ob der
Oberarzt für seine traumatisierende, medizinisch nicht begründete
Informationsmitteilung, die eine offensichtliche Überforderung und Resignation
bei Frau Dr. Gebert hervorgerufen hat, unter Strafe gesetzt werden sollte -
möglicherweise bis zum Entzug der Approbation. Mir geht es keineswegs um
Strafgelüste dem Oberarzt gegenüber, der mit Sicherheit in seinem
Leben sehr wertvolle Arbeit geleistet hat. Es geht mir um den Wunsch, ein Exempel
zu statuieren, das als Abschreckung und Denkanstoß für einige Ärzte,
die aus welchem Grund auch immer den Patienten in einem Zustand von Schutzbedürftigkeit
und extremer Bewältigungsunfähigkeit traumatisierende Informationen
mitteilen (einerlei, ob dies aus Wahrheitsliebe oder einem pathologischen Sadismus
eines Arztes geschieht).
Dr. med. Dr. phil. Grossarth-Maticek
Professor für präventive Medizin
Europäisches Zentrum für Frieden und Entwicklung