Die Klientin hat
die "Leichtigkeit des Seins" verloren. Ihr Hautkrebs hängt wie
alter, zäher Käse an ihr. Dieser Käse steht für Zugeständnisse
in Beziehungen, für Verantwortung für andere übernehmen, für
sich produzieren, um angenommen zu werden. Ganz tief steckt hinter all dem die
Sehnsucht der Klientin nach der Annahme ihrer Mutter. Die Klientin setzt sich
mit allen wichtigen Bezugspersonen auseinander und bearbeitet den scheinbaren
Auslöser ihres Hautkrebses: Ein Badeurlaub, bei dem eine Freundin fast
ums Leben gekommen wäre. Am Ende der Sitzung stellt die Klientin fest:
Es geht mir besser wenn ich die Beziehungen nicht schöne, wenn ich noch
offen und ehrlicher bin und nicht Käse drumherum mache. Und zu ihrer Mutter
meint sie: Mich kann nur eins retten, daß du mich gern hast, dass andere
mich so nehmen wie ich bin. Das einfach Liebe da ist und Offenheit.
Kl:
Ich bin unten auf dem Abtreter angekommen, habe dort
herumgetastet und mir gleich mal Licht angemacht. Es ist rechts die bekannte
Türe mit dem Wasserfall und links sind zwei und der Gang geht noch ganz
lang nach hinten ins Dunkle und ich weiß nicht ob ich den Gang weitergehen
soll oder ob ich gleich die nächstliegende nehmen soll. Ich nehme die nächste,
die erste links.
Th: Guck mal, was
für ein Schild an der Türe steht.
Kl: Rechts ist Ehtik,
dann denke ich hier ist Moral. Ich kann das Schild nicht sehen, aber ich denke
es mal, weil es mir eingefallen ist. - Türknarren wird eingespielt. - Oh,
da kommt mir ein Müll entgegen, das ist voll da drin wie in einer Rumpelkammer
und es fällt über mich drüber. Kartons und Schachteln und Kram,
es ist total voll und wenn ich die Tür aufmache fällt alles in den
Gang.
Th: Dann guck mal,
du machst die Tür deiner Moral auf und es kommt dir lauter Müll entgegen.
Kl: Lauter abgelegte
Schachteln, zum größten Teil leer.
Th: Was löst
das denn für ein Gefühl aus in dir.
Kl: Unaufgeräumt.
Th: Deine unaufgeräumte
Moral?
Kl: Ja, wobei mich
das sehr verwundert wo ich doch so gerne aufgeräumt habe. - Direkte Ansprache.
- Das wundert mich mächtig, daß ihr Schachteln hier so viel liegt
und reingeschoben wurdet, daß dieTür überhaupt noch zu ging.
Was soll ich denn jetzt mit euch machen? Ich kann nur anfangen die Ärmel
hochzukrempeln und die leeren Schachteln zusammen zu falten und einen Bindfaden
drum und zum Altstoff zum Recycling.
Th: Dann mache dich
mal an die Arbeit.
Kl: Ich mache es
schon so, daß es aufeinandergestapelt werden kann. Ich arbeite ganz flott.
Th: Guck mal, ob
du was Interessantes findest?Vielleicht gibt es ja noch was Interessantes was
es noch lohnt anzugucken.
Kl:
Es ist auch noch Papier dazwischen. Es kommt da was mit Ehevertrag, den kann
ich mir ja nochmal durchlesen.
Th: Ist das der Ehevertrag
mit deinem Mann?
Kl: Gibt es da vielleicht
noch eine andere Möglichkeit?
Th: Keine Ahnung
ob ihr einen gemacht habt:
Kl: Mit wem ist das
der Ehevertrag? Bis das der Tod euch scheidet.
Th: Also das Eheversprechen.
Kl: Und das ist ja
auch so gewesen, daß der Tod uns getrennt hat und das kann ich jetzt auch
zerreißen.
Th:
Laß mal deinen Mann auftauchen und zeige ihm den Vertrag. Was sagt er
denn dazu?
Kl: Hermann, guck
mal den Vertrag an, der lag dazwischen. Was sagst du dazu, soll ich ihn wegtun?
Ja, der ist abgegolten.
Th: Er hat seinen
Soll erfüllt?
Kl: Ja, hat er und
ich bin auch von dem Versprechen los, weil das galt so lange wir zusammengelebt
haben. Ich habe ihn schon durchgerissen, aber so einfach mal wegschmeißen....
Th: Was löst
es aus in dir.
Kl: Es hängt
ja noch ganz viel Erinnerung dran.
Th: Sag es deinem
Mann.
Kl: Hermann, es hängen
mehr als 27 Jahre verheiratet da dran und vorher waren wir verlobt und haben
uns gekannt vor der Verlobung. Gerade diese Zeit ist wichtig vor der Verlobung,
als wir uns ganz jung kannten und das war eine ganz wunderschöne Zeit.
Th: Magst du mit
ihm noch mal in die Zeit zurückgehen?
Kl:
Hermann, wir gehen nochmal in die Zeit wo wir verliebt und verlobt waren. -
Ist berührt. - Es ist wunderschön mit dir da zu sein, in dieser Zeit.
Was sind wir übermütig, was haben wir für Quatsch gemacht. Wir
spielen so schön Federball. Wir toben auf der Wiese und schmeißen
uns ins Gras und balgen. - Lacht - Ich sitze über dir und du lachst. Es
ist so schön Spaß zu haben. Bei der Balgerei ist dir jetzt dein Stiftzahn
herausgefallen und ich bin erschrocken, daß ich dir den Zahn rausgehauen
habe und du weißt ja, daß das kein echter ist und mußt darüber
lachen, über mein entsetztes Gesicht. Wir fassen uns beide schön um
und gehen zum Zahnarzt und der macht dir einen neuen. Der Zahnarzt, daß
ist ein Student von dir, der dich auch gut behandelt. Ich bin froh, daß
sich das reparieren ließ. Dann gehen wir auch zur Tanzschule. Da hast
du dich von mir breitschlagen lassen und das ist so schön. Das man mit
so einer Leichtigkeit über das Parkett kommt und den langsamen Walzer,
den haben wir beide gerne und du machst den vollendeten Kavallier mit Verbeugung
halb quatsch halb ernst. Ich danke dir, daß das so schön war. - Weint
- Das ist schade, daß es nicht länger gedauert hat. Warum ist uns
das verloren gegangen? Wieso ist diese Leichtigkeit verloren gegangen? Stattdessen
habe wir einen Haufen leerer Schachteln über den Ehevertrag rübergestapelt.
Th: Schau mal wie
er reagiert?
Kl:
Er krempelt auch die Ärmel hoch. Wir machen es zusammen weg. Wir nehmen
all den Müll, diese unnötigen Schachteln und Zeitungen und Knüllpapier,
heizen den Ofen und machen ein richtiges Feuer damit an. Da ist ein schöner
großer Ofen und da schmeißen wir das rein. - Geräusch wird
eingespielt. - Das Papier brennt ja schnell und wir können alles draufpacken,
diese ganzen unnötigen Schachteln. Es brennt wunderbar, lichterloh und
wir werfen alles rein. - Weint stark. - Diesen ganzen Raum können wir aufräumen.
Da steht auch ein Besen in der Ecke, da können wir auch den Rest, die ganzen
Papierschnipsel alles reintun. Wir haben alles drin und gucken dem schönen
Feuer zu. Und wir sitzen nebeneinander auf der Bank und halten uns an der Hand.
Was sind wir beide froh, daß der Müll weg ist. - Weint stark. - Sind
wir beide froh. Das ganze Zeug hat auf unserer Ehe gelegen. Am besten ist wir
holen noch ein größeres Stück Holz, damit das auf eine gehaltvollere,
ruhigere Flamme kommt. Das brennt gut. Das ist wohlig und angenehm und auch
beruhigend und kraftvoll, das hat Inhalt, hat Gewicht, es trägt auch. Es
ist noch mehr Holz da. Wir können es auf einer stetigen Wärme halten.
Es ist nicht nur das Papier was schnell verbrennt sondern es ist ganz was solides.
Wir können immer mal was nachlegen, es ist genug da. Jetzt muß ich
auf`s Klo ganz dringend. - kurze Pause - sie kommt zurück und legt sich
wieder auf die Matratze.
Th: Dann atme nochmal
tief ein und aus und schau mal wo du hinkommst, welche Situation ist da.
Kl:
Diese erste Kellertür kann jetzt offen bleiben, das ist jetzt alles erfüllt
mit dem Feuer und die zweite Tür zeigt sich.
Th: Was steht da
drauf?
Kl: Romantik. - Geräusch
wird eingespielt. - Da ist eine schöne Landschaft, hügelig, aber da
ist was nicht astrein, nicht in Ordnung. Ich sehe das ist alles schön,
aber ich kann nicht hin, es hat sich ein Gitter vorgesenkt und ich kann nur
durch die Stäbe gucken und es ist heruntergerasselt wie bei einer Burg
so eine Falltür.
Th: Frag doch mal
das Fallgitter was da los ist?
Kl: Wieso versperrst
du mir den Weg? Was soll das? Ich muß das Gitter erst selber hochziehen
und da ist ein Gewinde an der Wand und das kann ich drehen und das bewegt sich
auch ein bisschen, aber ich werde es nicht schaffen, das ahne ich schon.
Th: Frag mal das
Gitter wo es herkommt? Es muß ja irgendwo entstanden sein.
Kl: Sag mir bitte
warum bist du hier und warum werden meine Kräfte nicht reichen dich hochzuziehen?
Th: Was sagt es dir?
Kl: Das Gitter ist
beweglich in sich. Was hat es mit grün zu tun? Warum sagst du was mit grün?
Du bist das Raster was eigentlich die Felder ausmacht. Ich verstehe das, weil
wenn man im Flugzeug sitzt sieht man die Felder wie ein Gitter. Ein helles Feld,
ein grünes Stück Wiese, noch ein Feld, es ist wie ein Gitter und eigentlich
gehört das Gitter was so vor mir ist horizontal nicht senkrecht, sondern
horizontal auf die Erde.
Th: Was ist passiert?
Kl: Wieso bist du
nicht auf den Feldern liegend sondern vor mir. Ich sehe den Nutzen nicht? Ich
sehe die Welt zu romantisch und den Nutzen nicht? Aber ich weiß doch,
daß die Felder bearbeitet werden müssen. Warum denkst du, daß
ich das zu romantisch sehe. Mit dem Ausstoß von Schadstofffen und Düngemittel
und Pestiziden, das sehe ich zu romantisch, daß die Welt auch ohne dem
auskäme? Das hat sich die Menschheit so angeeignet. Aber das ist doch Wahnsinn,
daß die so mit Chemie arbeiten.
Th: Das klingt alles
sehr abstrakt. Was hat es mit dir zu tun?
Kl:
Was hat es mit mir zu tun? Mein Essen. Ich kann ja gar nichts mehr essen, wenn
das alles so gezüchtet und mit Chemie bearbeitet ist. Es ist doch alles
verdorben.
Th: Wer sagt das?
Kl: Mein Darm und
mein Magen.
Th: Red mal mit denen.
Was ist da los?
Kl: Sie können
es nicht vertragen.
Th: Was ist passiert,
daß sie es nicht mehr vertragen? Lass es dir zeigen.
Kl: Zeigt mir wann
oder was ist da passiert, daß ihr es nicht mehr vertragen könnt.
Es ist alles zu sauer, es ist alles zu scharf. Und warum? Das ganze Leben ist
zu sauer.
Th: Bist du sauer
geworden?
Kl: Ja, es ist alles
zu schwer geworden, zu sauer, zu übermächtig.
Th: Guck hin was.
Kl: Was ist zu sauer?
Mein Denken, meine Meinung, meine Auffassung. Es ist allles zu schwer, zu verdorben,
alles sauer. Was kann ich da ändern, was kann ich da tun? Wie kann ich
euch helfen? Freude.
Th: Laß dich
mal dorthin zurückführen wo alles gekippt ist in zu schwer. Laß
dich mal zeitlich zurückführen.
Kl: Ich möchte
zeitlich zurückgehen bis zu dem Punkt wo die Freude langsam geschwunden
ist. Es hat mit der Ehe zu tun. Wo die Ehe so schwer geworden ist.
Th: Gehe dort hin.
Sei jetzt da.
Kl:
Ich bin jetzt dort wo die schöne verliebte, verlobte Zeit langsam umkippt
in die Pflichten. Ich habe mir hunderttausend Pflichten auferlegt und auch auferlegen
lassen, bis es mir zu sauer geworden ist. Es wurde eine einzige Plackerei. Es
wurde ein einziges ackern, schuften, schleppen. Jetzt stehe ich da und wie kann
ich das abschmeißen, erleichtern? Wie kann ich das verändern? Ich
soll die andere Seite angucken. Ja das ist wahr, es war ja nicht nur Plackerei.
Das Andere habe ich völlig vergessen.
Th: Gehe noch mal
in die Situation rein, spüre und erlebe es.
Kl: Das ist so in
meinem Denken gekippt.
Th: Sei mal dort,
erlebe es. Spüre mal, wer da ist.
Kl: Mein Mann ist
da und die Kinder sind da, bzw. Doris die Älteste. Ich fühle, dass
ich viel machen muß und dass ich da schon an meine Grenze komme von der
Leistung her. Es zählt auf einmal nur noch die Leistung und der Spaß
ist vergessen. - Direkte Ansprache. - Irgendwie hört jetzt für mich
der Spaß auf. Das ist hier alles Pflicht und machen müssen und es
wächst mir alles über den Kopf und ich kann den Spaß dabei nicht
mehr sehen und das ist ein riesen Berg. Ich sehe nur, daß ich ständig
Leistung bringen muß und diesen Berg erklimmen muß immer wieder
aufs neue. Jeden Tag ist dort der Berg, den ich immer wieder rauf muß.
Ich denke immer ich muß, ich muß. Ich muß das machen, ich
muß das schaffen. Es ist nicht das gerne machen, es ist alles Zwang und
der Spaß ist völlig weg. Dabei möchte ich gerne mit euch spielen
und auf dem Fußboden liegen und die Bauklötze spielen und nicht immer
nur räumen, damit man nicht immer über die Bausteine fällt. Ich
möchte lieber auf dem Bauch liegen und auch was bauen. Ich möchte
lieber mit dir Doris auf dem Teppich liegen und nicht schon wieder aufstehen
und was in der Küche machen müssen. Ich möchte einfach auch liegenbleiben.
Hermann, du ziehst dich einfach hinter deinen Unterrichtsvorbereitungen zurück,
du hast zu tun und ich, ich muß auch tun, ich kann nicht spielen.
Th: Wie reagieren
die beiden?
Kl: Doris möchte,
daß ich mit ihr auf dem Teppich liege und spiele und mein Mann der pocht
auf die Pflichten.
Th: Was macht das
mit dir?
Kl: Da könnte
ich richtig wütend werden.- Soll es ausdrücken. Musik wird eingespielt.
- Raus damit. Und ich will auf dem Fußboden liegen und spielen. - Fängt
an zu schlagen. - In die Küche geh ich ein anderes mal. Ich habe keine
Lust, ich will nicht. Ich will mit meinem Kind spielen. Scheiß Kartoffel
schälen, kannst du selber machen. - Schreit. - Ich habe dazu keine Lust.
Abwaschen, Mohrrüben schälen, scheiße. Und wenn du denkst, du
mußt am Schreibtisch hocken, kannst du ja. Wieso muß die Frau eigentlich
immer kochen, wieso eigentlich? Ich zeig dir wie das geht, dann kannst du es
machen. - Schreit und weint. - Und wenn ich abends im Sessel sitze weil ich
den ganzen Tag was gemacht habe,den ganzen Kleckerkram den man nicht sieht,
den ganzen Tag habe ich das gemacht und wenn ich abends lesen will, dann gibt
es immer noch Pflichten. Scheiße. Da werde ich nie fertig. So geht es
nicht, weil ich keine Zeit habe zum Spielen und Lesen. Wenn es nach euch geht,
kann man tausend Jahre schuften und wird nicht fertig. - Weint stark. - Das
mache ich einfach nicht mehr mit. Das ist kein Leben, das ist Scheiße.
Du kannst ja machen was du willst, ich mach das nicht mehr.
Th: Dann mache doch
mal Chaos in der Wohnung, mach mal was Verrücktes.
Kl: Ich haue alles
kurz und klein. Erstmal in der Küche. - Schlägt weiter. - Badezimmer,
Waschbecken und im Wohnzimmer und vor allem deinen Schreibtisch. Nun stehst
du da. Er steht da und kann sich nicht mehr hinter seiner Arbeit verstecken.
Th: Gefällt
es ihm?
Kl: - Lacht. - Jetzt
bist du froh, daß ich das gemacht habe. Du hast dich nicht getraut, aber
jetzt wo es weg ist, ist es gut.
Th: Guck mal was
deine Tochter dazu sagt.
Kl: Die freut sich,
daß ich jetzt endlich Zeit habe. Wir sitzen auf dem Fußboden und
haben alle Zeit der Welt. Wir können Türme bauen, alles basteln, alles
was uns einfällt. Wir können die Eisenbahn aufbauen und brauchen die
nicht wieder hochzunehmen, wir steigen einfach drüber. War das Andere schrecklich
und so schwer. Alles war eine Last, alles war eine Last. Wenn die Kinder was
aufgebaut hatten mußte es ja wieder abgebaut werden damit es ordentlich
aussieht. Jetzt ist es das schönste Bauwerk aus Bausteinen und es bleibt
stehen und wenn wir keine Lust mehr haben kippen wir es um und machen was anderes.
Da kann man was Neues bauen. - Musik unterstützt. - Mein Magen und mein
Darm, was sagt ihr dazu zu dieser Zeit, zu dieser Ausgeglichenheit, zu dieser
Freude, zu diesen Bauten, diesen Papierschnipseln die im Wohnzimmer herumflattern
außerhalb dieser übertriebenen Ordnung? Er sagt, Gott sei Dank. Wie
kann ich dir jetzt aus deiner Übersäuerung helfen?Wie kann ich organisch
diese Übersäuerung ableiten? Brauchst du Reistage?Nein. Behutsame
Vielfalt, von überall kosten, von überall probieren? - Darm was sagst
du? Er will was zu tun haben. Wie meinst
du das? Ballast rumwalgen. Und was wäre das? Reis und Hirse und gut durchgebackenes
leichteres Brot und dann Vielfalt oben drauf und mit Freude essen und genießen.
Bei der Gelegenheit möchte ich euch fragen, Diät bei Krebs oder sowas?
Nein.- Lacht. - Das ist eine Erleichterung, das ist eine Erleichterung. Käse
ist zu schwer, mal ein Häppchen, aber nicht diese Käsewellen. Da ist
jetzt mein Krebsmann auf die Kohlenschippe gestützt und den widert der
Käse an, der hat von Käse allemal genug. Käse kann der nicht
mehr sehen. Und überhaupt diese Penetranz, dieses zähe Festhalten,
dieser weiche Käse wie der zieht.
Th: Laß dir
mal zeigen was dahinter steht, das ist ja ein Symbol. Laß dir mal eine
Situation zeigen.
Kl: Dahinter liegt
die Szene mit dem Badeunfall. Die Sissi gehört dazu. Du hast an mir gehangen
wie so ein Käse, so ein weich gemachter, der sich zieht und den mal 25
Mal um die Gabel wickelt bis er abreißt. Ich mußte dich abreißen
von mir. Du hast an mir geklebt, ich war wie von Käse übergossen,
so fettig.
Th: Gehe in die Zeit
wo du mit Käse übergossen bist von ihr.
Kl: Sissi, mit dir
ist die Zeit so, als wäre ich mit Käse übergossen. Du ziehst
an mir und ich bin wie aus Käse und unsere Verbindung ist alles dieser
zähe weiche Käse, der ständig nachgibt und nicht aufhört
sich lang zu ziehen.
Th: Guck mal was
sie macht.
Kl: Ich fühle
mich wie ein im Ofen weichgemachter Käse und du ziehst an allen Enden an
mir und willst ihn essen oder was willst du damit. Das hast du nicht gewollt,
aber ich fühle mich so. Ich fühle mich so, als ob du ständig
an mir ziehst. Dahin ziehst du mich und dahin ziehst du mich und das erwartest
du von mir.
Th: Gehe mal in so
eine Situation wo sie zieht, nicht nur darüber reden sondern reingehen.
Kl: Ich gehe neben
dir am Strand und bin von Käse übergossen, weil alles an mir klebt
und du erzählst und erzählst von Frau Meyer und Frau Schulze, die
kenne ich alle gar nicht. Du erzählst und erzählst und das interessiert
mich alles überhaupt nicht. Ich sage dir das jetzt mal. Was du mir erzählst
interessiert mich nicht. Ich kenne die Leute nicht, ich will auch ihre Geschichte
nicht hören, das ist deins. Ich kann mich für dich interessieren und
auch für deine Tochter und deine Enkeltochter, da kenne ich das Gesicht,
da weiß ich ein wenig wie sie sind, da höre ich dir gerne zu, aber
wenn du erzählst von Leuten um tausend Ecken, dann nicht. Ich habe dir
gesagt, du sollst aufhören damit, du tust es nicht, du redest einfach weiter.
Weißt du was, den Käse den du mir übergestülpt hast, den
kannst du wieder haben. Ich gieße den jetzt über dich und dann kannst
du mal sehen wie du dich unter soviel Käse bewegst. Der klebt unterm Arm
bei dir wie bei mir, der kommt dir aus dem Mund raus, der klebt an den Füßen
und du kannst nicht mehr gehen weil alles Käse ist.
Th: Guck hin was
passiert mit ihr.
Kl: Jetzt stehst
du da krumm, kriegst keine Luft und bist ein Haufen Unglück. So habe ich
mich gefühlt, wenn du mir von so vielen Leuten scheiß erzählst.
Möchtest du, daß ich das mit dir mache?
Th: Wie reagiert
sie?
Kl: Sie wird immer
kleiner.
Th: Bist du wütend?
Kl: Ich bin wütend.
Th: Nimm den Schlagstock,
laß es raus.
Kl: Also Sssi, -
fängt an zu schlagen - das hängt mir zum Hals raus. Schluß mit
diesen ewigen Geschichten, die kannst du dir an den Hut stecken. Und den Käse
lade ich auf dich. - schreit - Ich mußte mir pinkeln hinterm Busch ausdenken,
nur damit ich von dir wegkomme. Und nochmal und nochmal, scheiße. - schlägt
kräftig - Und mit der Hannelore, mit der konntest du reden stundenlang.
Th: Guck mal, was
das mit dir macht.
Kl: Das macht mich
eifersüchtig und ich vermisse die Zuwendung. Das gefällt mir auch
nicht, so ist das auch nicht in Ordnung, so nicht, es muß doch ein Maß
geben das uns beiden gut tut. - weint -
Th: Ja guck hin,
spüre mal was da hochkommt.
Kl: Du bist ja auch
mit mir freundschaftlich, aber es hat kein Gleichgewicht. Du hast mich wirklich
erdrückt mit deinem Reden. Ich konnte manchmal nicht mehr hören was
du noch ausgepackt hast, es war einfach zu viel.
Th: Aber dass sie
dann weggeht ist auch nicht gut.
Kl: Nein, es liegt
zwischen beidem. Das richtige Maß ist dazwischen und nicht mich mit der
anderen dann hängen lassen.
Th: Und die macht
nicht was du willst. Du sagst nein und da geht sie.
Kl: Das
finde ich nicht gerecht hier. Ich möchte reden, ich möchte Klarheit
und ich möchte auch mal ein Beispiel, aber doch nicht 25 Beispiele und
hundert Personen. Ich kann dann mit dir nur eine Stunde beisammen sein oder
wir sitzen vielleicht noch und hören Musik.
Th: Ist das der Urlaub
wo der Unfall passiert ist. - Klientin bejaht. - Guck mal, was noch zwischen
euch passiert. Sie redet und redet, du suchst Ausflüchte, sie sucht sich
jemand anderen. Was passiert da noch zwischen euch?
Kl: Das mit der Anderen
war in einem anderen Urlaub, aber gehört dazu. Ich bin jetzt mit ihr alleine,
wir sind am Strand und du ziehst schon wieder. Du bist das Fahrradfahren gewöhnt,
du machst das alle Tage und jetzt ziehst du wieder. Und jetzt mache ich das
auch mal. Ich kann auch radfahren und jetzt ziehe ich los. Jetzt bin ich schneller
als die trainierte Sissi.
Th: Was ist das?
Kl: Das ist von mir
Trotz und Wut. Du willst mich wieder dirigieren. Das lasse ich mir nicht bieten
und jetzt kriegst du Kontra von mir. Da kannst du sehen wie du mit dem Fahrrad
hinter mir herkommst.
Th: Nimm den Schlagstock
drücke es aus.
Kl: - fängt
an zu schreien und zu schlagen. Ich kann das auch, da kommst du nicht mit, da
guckst du. Weg bin ich, das hättest du nicht gedacht.
Th: Was passiert
zwischen euch?
Kl:
Konkurrenz, Kampf, der Kampf geht weiter, soweit dass scheinbar alle Mittel
erlaubt sind. Wir ziehen uns jetzt aus zum Baden. Ich gehe jetzt ins Wasser
und merke mir aber genau wo meine Sachen liegen, weil ich damit schon Erfahrung
habe. Ich passe auf, daß ich auf Höhe der Sachen bleibe und von den
Wellen nicht weggetrieben werde. Ich bade, tauche unter, spiele etwas mit den
Wellen und gehe raus. Und du brauchst wieder ewig, dies noch einwickeln und
das noch. Ich bin schon wieder draußen, da gehst du rein. Warum gehst
du denn nicht mit mir zusammen rein? Na ja, ich kenne ja schon, daß du
langsam bist. Ich ziehe mich schon an und ich weiß nicht wo du mit deinem
Kopf bist, weil sonst hättest du doch gemerkt, daß du weggetrieben
wirst. Du hast an ganz was anderes gedacht und schon klebst du am Boden und
die Wellen schlagen über dich und du schluckst Wasser. Schreien hilft nichts,
die Wellen sind stark und laut. Dann sehe ich dich und habe ganz scharf überlegt,
wenn ich dir jetzt nicht helfe, dann werde ich das mein ganzes Leben mit mir
herumschleppen - emotional, schreit - und ich weiß nicht, warum du so
eine Scheiße baust. - weint und schlägt - Bist du denn blöd?
Du zwingst mich ins Wasser. Du zwingst mich, du erpresst mich.
Th: Bleib da, guck
was passiert.
Kl: Die Wellen sind
so stark. Wie soll ich denn da rauskommen und dir auch noch helfe? Die Wellen,
die sind stärker als wir. - Weint und schreit eine Weile - Zum Teil unverständlich
Musik zu laut. - Du guckst mich an, was soll ich denn machen, ich kann es doch
nur versuchen.
Th: Was passiert?
Kl: Ich gehe rein
und rufe ihr zu, daß ich komme und sie nicht aufgeben soll und plötzlich
ist auch der Grund weg und es klatscht mich im nächsten Moment um. Ich
bin genauso ohnmächtig wie du. Obwohl ich noch mehr frische Kraft habe
komme ich nicht bis zu dir. Ich schaffe es einfach nicht. - Weint heftig - Die
Wellen klatschen mich an den Boden. Ich kann dich nicht rausziehen. Ich schreie
um Hilfe, es ist niemand da. Hilfe, Hilfe.- Gräusche laut - Hilfe. - Schreit
und weint und schlägt - Ich kann nicht, sie muß los lassen. Ich kann
ihr nicht helfen, ich habe keine Kraft dazu. - Lautes Meeresrauschen die ganze
Zeit. - Es tut mir leid, daß ich dir nicht helfen kann. Auch wenn du manchmal
eine blöde Zicke bist, ich hätte es gemacht, ich habe es versucht.
- Weint stark - Wo wir uns so lange kennen. Das habe ich nicht gewollt. Ich
habe gedacht ich könnte dir helfen. Vielleicht war ich auch ein bisschen
größenwahnsinnig dir gegen das Meer helfen zu wollen, aber ich habe
es versucht. Ich kann nicht mehr. - Weint stark - Aus, weg. Dann mußte
ich ja an mich denken und habe es zurückgeschafft. Dann am Ufer habe ich
gedacht, die schwimmt bestimmt da draußen irgendwo als Leiche. Und ehe
ich mich umdrehen konnte, schrecklich, - Schreit und schlägt - dann steht
der Tod hinter mir, schlimm war das.
Th:
Schau ob er da ist.
Kl: Ja er steht da.
Th: Guck ihn an,
was sagt er.
Kl: Du stehst hier,
weil ich denke, daß Sissi ertrunken ist. Du stehst hier um mir zu zeigen
wie es vom Leben in den Tod geht und das ist schrecklich. Das ist ganz, ganz
schrecklich.
Th: Guck mal, wie
er reagiert.
Kl: Er holt uns alle.
Th: Schau ihn an.
Kl: Was willst du
uns lehren oder warum machst du sowas? Ich weiß, du bist stark. Ich weiß,
du hast das Recht darauf. Er nickt.
Th: Was hat er mit
deinem Krebs zu tun?
Kl: Er hält
auch die Hand auf meinen Körper. Willst du mich nun bald holen? Das bleibt
offen. Erstmal will er mich nur erinnern.
Th: Was will er dir
zeigen?
Kl: Diese Abhängigkeit
von anderen. Den Käse abschneiden. Dann gibt er mir einen Schubs, daß
ich noch etwas gehen kann, noch etwas Zeit habe.
Th: Er zeigt dir
das Leben kann das sein?
Kl: Ja, nach vorne
gucken und nicht zurückgucken.
Th: Aber nicht abschneiden
sondern auflösen, frag ihn mal in meinem Namen.
Kl: Soll ich die
Vergangenheit abschneiden? Nein umdrehen, umwandeln, nicht diesen schweren Schwanz
hinter mir herschleifen. Die Schönheit ansehen.
Th: Frag ihn mal,
ob der Badeurlaub was mit dem Krebs zu tun hat.
Kl: Hat der Badeurlaub
mit meinem Hautkrebs zu tun? Aber sicher. Und mit der Lunge? Es hängt auch
mit der Leichtigkeit des Seins zusammen.
Th: Laß dir
den Zusammenhang zeigen von ihm.
Kl: Die Leichtigkeit
des Seins, das Schöne zu sehen, die Vergangenheit mit leichtem Federschmuck
betrachten. Was kann ich für meinen Hautkrebs tun. Wie hängst du mit
meinem Hautkrebs zusammen? Totales Erschrecken, aufrütteln, umsetzen, nach
vorne gucken, Freiheit genießen. Bewußt bleiben, daß er in
der Nähe ist. Kannst du den Hautkrebs nochmal von mir nehmen? Er kann ihn
hinter sich schmeißen. Was kann ich da noch machen? Der Käse, ich
werde mich vom dem Käse übergießen lassen, mich nicht mehr lähmen
lassen und unzugänglich machen.
Th: Und ihr habt
gekämpft.
Kl:
Ja. Tod, du hast sie nicht genommen. Das sollte für uns beide eine
Lehre sein. Vielleicht sollten wir uns aussöhnen. Na klar, nehmt es leicht.
Soll ich noch irgendwas wissen? Demut. Ich bin manchmal ganz schön stolz
und kühn und ich werde daran denken. Jetzt steht Sissi noch hinten im Wasser,
weil sie sich nämlich auf irgendeiner Sandbank da hinstellen konnte. Jetzt
muß ich noch mal da rein, weil die da steht. Sissi, nun stehst du da,
ein Häufchen Unglück und ich bin mit meinem letzten Rest von Kraft
noch mal auf denWeg zu dir. Helfen möchte ich dir schon, aber es vermischt
sich mit Schuld, damit möchte ich nicht leben. - Fängt an zu schreien
- Nimm deine Kraft zusammen, ich kann dich sonst nicht rausziehen. Versuche
doch mitzumachen, ich kann dich sonst nicht rausziehen. Los, nimm dich zusammen,
mach mit jetzt. Die hört mich kaum noch. Ich schleif dich am Arm raus,
ich kann dich ja nicht tragen. Ich schleife dich mühselig Schritt für
Schritt.
Th: Spüre sie.
Kl: Die hängt
an mir wie ein Sack. Du bist ein riesen schwerer Sack. Wie soll ich das schaffen?
Ohne jegliche Bewegung bist du, wie ein schwerer Sack. - Weint und schlägt
- Du bist so schwer. Du hängst an mir dran als wenn du mich mit ins Wasser
ziehen willst, aber ich will nicht. Ich will nicht mit im Wasser bleiben.
Kl: Jetzt liegst
du wenigstens mit dem Kopf auf dem Sand, daß du nicht noch mehr Wasser
schlucken mußt. Ich bin sowas von alle. Aber ich muß mir ja was
anziehen. Ich kann ja nicht so in dem kalten Wind bleiben. Ich ziehe mich an
und es kommen Leute ran....Ich sitze neben dir und die Leute kommen mit Jacken.
Ihr kommt hier an und seht nur Sissi. Alles schiebt ihr ihr unter, ist ja auch
richtig sie ist ja fast ohnmächtig, aber ich brauche auch was. Ich brauche
auch Wärme. Ich habe sie ja schließlich rausgeholt, ich brauche auch
Hilfe. - Weint. -
Th: Guck mal wie
sie auf dich reagieren.
Kl: Die gucken sich
nur mal kurz um. Eine junge Frau mit einem Kind auf dem Arm die kommt zu mir
und bleibt auch bei mir, aber die hat keine extra Jacke. Ich bin am heulen und
sie fasst mich um. Bei Sissi stehen mindestens acht Leute. Warum steht ihr alle
nur um die Sissi herum, ich bin auch da. Alle denken, ich sitze und dann geht
es mir gut.- Direkte Ansprache. - Warum denkt ihr, nur weil ich sitze, daß
es mir gut geht. Ich bin wütend.
Th: Laß es
raus. Los.
Kl: Wieso guckt ihr
nur nach ihr. - Fängt an zu schlagen. - Ich bin schließlich auch
noch da. Ich friere. - Schreit. - Das ist gemein.
Th: Schau mal wie
die Leute jetzt reagieren.
Kl: Die gucken sich
auch nach mir um und geben mir auch eine Jacke. Aber ich mußte es erst
herausschreien. Wieso mußte ich euch erst anschreien damit ihr mich seht.
Th: Du kennst das.
Das ist ein altes Gefühl. - Klientin bejaht. - Guck mal wo du es herkennst.
Kl: Von Kindheit
an.
Th: Wen hast du da
angeschrien.
Kl: Meine Mutter.
- Direkte Ansprache. - Guck dir an wie lange das hält. Was aus der Kindheit
immer noch an mir hängt. Schreien muß ich damit ihr mich seht. Um
Hilfe schreien. Dabei stolpert ihr fasst über mich und seht mich nicht,
es ist das gleiche Thema.
Th: Und die Leute
zeigen es dir genau wieder.
Kl:
Eine junge Frau war bei mir. Danke, daß du den Arm um mich gelegt
hast und auch gesehen hast, daß ich geschockt war und verzweifelt und
zu Tode erschrocken. Erschrocken, so erschrocken war. Das hast du gesehen und
ich danke dir. Das war so wichtig, daß du dein Kind dabei hattest. Dazu
gehört noch, du bist jetzt im Hubschrauber und wirst ins Krankenhaus gefahren
und ich komme mit der Schwester von der Insel und mit zwei Polizisten die mich
mehr schleppen als das ich von der Insel laufe. Ich versuche dann herauszufinden
wo du steckst, aber bei drei Krankenhäusern bist du nicht und da war ich
schon so ängstlich, weil ich dachte du bist schon längst in der Leichenkammer,
keiner wußte von dir, bis du dann im vierten Krankenhaus warst. Die Schwester
sagte, dir geht es den Umständen entsprechend, was ich damit machen sollte
wußte ich auch nicht. Das ist ja gar keine Aussage gewesen. Dann habe
ich mich auf die Socken gemacht, nachdem ich einen Tag und eine Nacht wie eine
Tote geschlafen habe um dir Sachen zu bringen. Ich habe ja auch nicht gewußt
in welchem Zustand du da bist, die Schwester hat ja nichts gesagt. Dann habe
ich deine Handtasche, dein Geld, deinen Ausweis und ein paar Sachen zum anziehen
genommen und schleppe mich auf den Dampfer und muß wieder aufs Wasser,
was schlimm war. Dann zum Krankenhaus, du hast dich dann im ersten Moment sehr
gefreut und dich auch bedankt und dann hast du dir die Sachen angeguckt und
da war kein Kamm bei und dann hast du wegen dieses Kamms mich angeguckt, als
wäre ich der letzte Dreck, daß ich den vergessen habe.
Th: Sage es ihr richtig.
Kl: Du guckst mich
an, als wäre ich das Letzte auf der Welt, daß ich deinen Kamm vergessen
habe.
Th: Guck mal wie
sie reagiert jetzt.
Kl: Daß du
froh bist am Leben zu sein, daß du überhaupt noch sitzen kannst weißt
du, deinen scheiß Kamm den kannst du dir an den Hut stecken.
Th: Eigentlich bist
du stinkwütend.
Kl: Ich bin stinkwütend
auf dich, daß du den Kamm irgendwo hervorzauberst um mir eins überzubraten,
daß ich nicht gut genug war. Was soll das? Daß du dich wagst mir
das vorzuhalten. Dein scheiß Kamm, den kannst du dir kaufen oder laß
dir von der Schwester einen geben das ist doch überhaupt nicht wichtig.
Th: Schau wie sie
reagiert.
Kl: Für sie
ist das so wichtig, so scheißwichtig. Für mich nicht. Ich denke,
ich habe dir das Leben gerettet und das ist doch gut so. - Fängt an zu
schlagen und zu schreien. - Du bist wohl verrückt geworden. Sowas von undankbar.
Vielleicht wolltest du sogar sterben und ich bin so etwas von blöd. Du
willst eine Freundin sein. - Schreit und schlägt eine Weile. - Ich kann
dich nicht mehr leiden nachdem du den Kamm hinten vorholst um mich nieder zu
machen. Genau wie mit der Krankenschwester, es kommt von hinten völlig
unerwartet. Ich denke, ich mache alles, was ich kann, was in meinen Kräften
steht, da holst du eine so scheiß Kammgeschichte hervor. - Schreit laut.
- Ich kann es nicht kapieren, daß du so etwas machst. Und dann bist du
zu Hause und ich besuche dich und dann kommt die Kammgeschichte nochmal. Ich
war sprachlos. Also hinter dem Kamm muß noch was stecken und ich weiß,
es steckt die ganze Käsegeschichte dahinter. Ich habe wahrscheinlich den
Kamm mit Absicht vergessen, das wolltest du doch von mir hören. Ich wollte,
daß du dich ärgerst weil du dich nicht kämmen kannst. - Schlägt
weiter. - So jetzt weißt du es. Ich wollte daß du dich ärgerst,
genau wie du mich geärgert hast mit deinem Abtauchen.
Th: Guck mal wie
sie guckt.
Kl: Das hast du nicht
gedacht, daß ich dir das ins Gesicht sage.
Th: Schau mal hin
wie sie guckt.
Kl: Sie lacht.
Th: Ja, ja, die lacht.
Kl: Die alte Kuh.
Th: Was ist mit deinem
Lachen?
Kl: Es ist so, daß
ich mir überlegen muß ob es Wurst und wieder Wurst ist.
Th: Das kommt nicht
von tief innen.Wie fühlst du dich denn jetzt?
Kl:
Ich fühle mich im Recht und du hast Unrecht. Ich habe alles für
dich gemacht und du holst den Kamm raus als Streitobjekt, als Widerhaken und
ich werde dir an diesen Widerhaken den ganzen Käse hängen. Den kannst
du haben.
Th: Spüre mal
wie du dich grundsätzlich fühlst jetzt? Ist es leichter?
Kl: Es ist leichter,
ungewohnter vielleicht, mehr Beweglichkeit, Leichtigkeit.
Th: Spüre mal
ob du in diesen Zustand mit ihr eine Vereinbarung treffen kannst, daß
wir an dem Punkt weitermachen an diesem Thema.
Die Klientin trifft Vereinbarung mit Sissi in ihr. Beide sind einverstanden. Session wird beendet.
Kl.: Also bis zu
den Türen komme ich gar nicht erst, die Sissi steht nämlich schon
an der Treppe mit dem Kamm und dem Käse.
Th: Nimm sie dir.
Sprich sie an.
Kl:
Sissi, du wartest schon auf mich. Du hältst mir jetzt den Kamm so hin,
was du damit sollst? Ich habe dir den ganzen Käse mal drangehängt,
damit du mal siehst was ich empfunden habe, die ganze Zeit im Verhältnis
mit dir, als du mich vollgeklebt hast. Du findest das auch ekelig, ich auch.
Ich möchte das auch nicht mit mir herumschleppen. Deiner ist das auch nicht,
na gut. Wieso soll ich ihn dir denn abmachen, kannst du doch selber. Na gut,
ich habe ihn dir angehängt, also mache ich ihn auch ab. Legen wir ihn mal
zwischen uns, es ist nämlich ein richtiger Berg. Wir sitzen da jetzt an
der Kellertreppe und haben den Käse zwischen uns. Sie hat den Kamm und
hält ihn immer noch in der Hand. Daß du mir das mit dem Kamm vorwirfst,
daß ich dir den nicht mitgebracht habe hat ja eine gewisse Berechtigung,
aber ich habe auch eine stinkende Wut, daß ich dir noch die Sachen bringen
sollte, weil sich das unter Freundinnen einfach gehört, daß ich weiter
für dich sorge, weil ich habe es eigentlich bereut. Ich hätte das
mal unsere Wirtin machen lassen sollen, die hat sich nämlich angeboten
und die hätte dir gleich den ganzen Koffer gebracht, das konnte ich ja
gar nicht, ich war ja viel zu schlapp.
Th: Spüre mal
worauf du wütend bist?
Kl: Ich bin wütend
darauf, daß das noch nicht genug war sie aus dem Wasser zu holen.
Th: Was erwartest
du von ihr? Was willst du von ihr?
Kl: Wolltest du dass
ich dir die ganzen Sachen bringe, schlapp und ausgewrungen wie ich war? Ja,
das wollte sie. Das findet sie noch berechtigt. Was denkst du denn was ich bin?
Bin ich ein Herkules. Du hast mich sowieso immer auf so ein Podest gestellt,
wie kraftvoll ich wäre. Das fand ich ja eine ganze Weile ganz schön,
aber irgendwann bin ich überfordert, dem gerecht zu werden.
Th: Was willst du
von ihr?
Kl: Ich will von
dir, daß du mich so siehst wie ich bin und mich nicht in eine Rolle drängst,
die ich nicht ausfüllen kann. Du sagst immer, ach hast du das schön
gemacht, ach hast du das gut gemacht. Ich bin umgezogen aus der größeren
Wohnung, weil ich einfach die Erinnerung an die Familie die nicht mehr da war,
nicht mehr ertragen konnte. Das war genauso ein Gesichtspunkt wie die Miete
verringern, das hast du bewundert von vorne bis hinten, du hast gar nicht gehört,
daß ich in der Wohnung auch ganz doll alleine war. Das habe ich dir auch
gesagt, daß ich da raus mußte. Irgendwie hatte ich den Eindruck,
du hörst immer nur das was du wolltest, was dann in das Bild reinpasste.
Th: Warum nimmst
du ihr den Kamm krumm, was löst der aus?
Kl: Der Kamm löst
aus, daß ich nicht immer nach deiner Pfeife tanzen will.
Th: Endlich ein Grund?
Kl: - Lacht. - Endlich
ein Grund, an den Haaren herbeigezogen, dir endlich zu sa-gen, daß ich
nicht mehr nach deinen Vorstellungen springe, daß ich nicht mehr nach
deinen hochgestochenen Maßstäben zu bewerten bin. Ich bin nicht vollkommen,
ich bin nicht perfekt und ich denke auch nicht an deinen Kamm obwohl er dir
so wichtig ist.
Th: Guck mal ob sie
das spürt, daß du eigentlich keinen Bock hast, ob sie deshalb so
wütend ist. Frag sie mal.
Kl: Ja, weil ich
jetzt von dem Podest heruntersteige. Ich habe Fehler und Schwächen und
ich habe auch mal keine Kraft und möchte mich auch mal anlehnen, nicht
nur du. Ich möchte mich auch anlehnen und das hast du eigentlich nicht
erlaubt, du hast dich immer nur bei mir angelehnt und deshalb kriegst du jetzt
keinen Kamm. - Lacht. - Damals habe ich das etwas anders gesehen, es mußte
etwas geben, was die Sache zum brechen bringt. Es mußte soweit kommem,
daß irgendwas die Sache zwischen uns zum Brechen bringt oder zum Klären
oder zum Aufreißen um wirklich reinzugucken in unsere Beziehung.
Th:
Ihr habt euch so gezofft, daß ihr fasst beide draufgegangen seid, hat
der Tod gesagt.
Kl: Wir haben beide
miteinander gerungen, gekämpft.
Th: Und ihr solltet
beide wach werden.
Th: Und jetzt gibt
es endlich den Kamm.
Kl:
Der Kampf ist jetzt offener, weil ich nicht ausweiche und in die Büsche
pinkeln gehe. Ich habe dir den Kamm nicht mitgebracht und jetzt sitzen wir beide
da.
Th: Jetzt möchte
ich mal was vorschlagen. Du möchtest offener sein und irgendwie hast du
dir das vorgenommen. Guck mal ob sie sich das auch vorgenommen hat?
Kl: Ja, sie spricht
ja gerne über ihre Gefühle.
Th: Hat sie sich
vorgenommen auch offener und ehrlicher zu sein. - Klientin bejaht. - Jetzt habt
ihr beide eine riesige Lernerfahrung gemacht und jetzt gehst du noch mal zurück
an den Strand wo ihr beide euch unterhaltet, wo du abhaust in die Büsche
statt ihr ehrlich zu sagen was du willst.
Kl: Das habe ich
schon mal.
Th: Dann machst du
es jetzt nochmal. So wie es vor dem Unfall war. Ihr geht am Strand entlang und
sie quatscht dir zähen Käse über und jetzt bist du mal ehrlich.
Kl: Es kommt ja auch
noch das mit dem Fahrrad fahren.
Th: Ja, eins nach
dem anderen. Gehe mit ihr am Strand entlang. - Geräusch wird eingespielt.
-
Kl: Sissi, dein vieles
Erzählen und dann noch das Rauschen von dem Wasser dazu, ich habe solche
Schwierigkeiten dich überhaupt zu hören, das ewige Reden das geht
mir so auf die Nerven. Höre auf, sei still, ich möchte das Wasser
hören und den Sand unter meinen Füßen spüren und nicht
immer das Gerede.
Th: Guck mal wie
sie reagiert.
Kl: Sie schmeißt
ein bisschen den Kopf.
Th: Und wie ist das
für dich?
Kl: Irgendwann mußt
du das mal verstehen, daß mir das auf den Keks geht. Du hast mir auch
geholfen mit diesen Gesprächen über innen und was du da mit deiner
Psychologin beredet hast, aber das nimmt kein Ende. Du mußt doch mal Schluß
machen. Mir reicht es, wenn du von dir erzählst und deiner Tochter und
Enkeltochter. All die anderen Leute interessieren mich nicht.
Th: Guck mal ob sie
auf dich hört?
Kl: Sie plappert
weiter.
Th: Immer noch. Hau
doch mal drauf.
Kl: - Fängt
an zu schlagen. - Du wirst jetzt mal anfangen zu hopsen. Ich habe dir deutlich
gesagt, dein Gerede ist mir zu viel. Es ist jetzt genug. Ich will es nicht verstehen.
Sei still. Ich will die Natur sehen und nicht immer im Kopf sein. Was soll das
alles in meinem Kopf. Halt die Klappe. Sei endlich still. - Schreit. - Es ist
nicht zum aushalten für mich.
Th: Bring sie doch
mal zum Schweigen. Löse das Problem. Hau drauf, bis sie es kapiert.
Kl: Ich will das
nicht. - Schlägt und schreit. - Spüre doch wie das Wasser schön
an die Steine spült und du redest immer dazwischen. Hast du es endlich
kapiert. Ich will meine Ruhe haben.
Th: Schau mal wie
sie reagiert.
Kl: Sie ist endlich
erschrocken und still.
Th: Hält sie
den Mund? - Klientin bejaht. - Horcht sie mal auf das Wasser? - Klientin bejaht.
-
Kl:
Das kann sie aber nicht und da dreht sie sich wieder um. - Schlägt und
schreit. - Guck zum Wasser. Ich will deinen Mund gar nicht sehen. Hast du endlich
verstanden.
Th: Wie reagiert
sie?
Kl: Sie guckt zum
Wasser, sie kann auch still sein.
Th: Kannst du es
genießen?
Kl: Ich muß
mich erst mal abregen von all dem Gerede. Ich bin mir nicht sicher ob sie nicht
wieder anfängt.
Th: Guck hin. Schau
sie an ob sie redet.
Kl: - Schlägt
weiter. - Still sollst du sein.
Th: Was ist jetzt.
Kl:
Jetzt hat sie sich auf einen Stein gesetzt. Offensichtlich kann sie jetzt
das Wasser angucken.
Th:
Sag ihr mal sie soll Kniebeugen machen, damit du siehst ob sie in dir macht
was du willst.
Kl: Siegrid mach
mal ein paar Kniebeugen. Sie streckt immer die Hand nach mir aus. Sie macht
Kniebeugen, aber streckt immer die Hand nach mir aus.
Th: Hau doch mal
drauf. Mache es mal, mach es klar, schluß jetzt.
Kl: Also nimm die
Hand weg oder ich haue drauf. - Schlägt. - Sie nimmt jetzt die Hand weg.
- Schlägt weiter. - Du brauchst nicht nach mir zu langen. Ich sage wenn
es soweit ist. - Schlägt weiter. - Nimm sie weg. Ich hau doch noch richtig
drauf. Jetzt sitzt sie still und hält die Arme so.
Th: Macht sie Kniebeugen?
Kl:
Also jetzt machst du sechs Kniebeugen. Und jetzt stehst du auf und drehst dich
herum und jetzt anders herum. Jetzt stehst du auf und wieder hinsetzen.
Th: Sie soll dich
mal anschauen und du schaust ob sie redet. - Klientin verneint. - Na wie ist
das?
Kl: Da ist noch irgendetwas.
Da ist noch so eine Widerborstigkeit bei ihr.
Th: Hast du eine
Ahnung wo es herkommt?
Kl: Das hat mit unserem
Kampf zu tun.
Th: Wozu kämpft
ihr noch?
Kl: Wir kämpfen
irgendwie um Macht und die stärkere Position. Wer hat die Macht in meinem
Leben. - Schlägt. - Ich. Verstehst du.
Th: Akzeptiert sie,
daß du deine Macht in deinem Leben hast?
Kl: Ich glaube schon.
Th: Akzeptierst du,
daß sie ihre Macht in ihrem Leben hat.
Kl: Ja, ich akzeptiere,
daß du deine Macht in deinem Leben hast und wenn du mir was sagst, versuche
ich dem nachzukommen, wenn du es mir ein zweites Mal sagst denke ich, ich habe
es verstanden und wenn ich dir was zwei dreimal sage, dann hast du es auch zu
verstehen sonst gibt es Krach.
Th: Und guck mal
wie sie guckt.
Kl: Verstehst du?
- Schlägt weiter. - Jetzt geht sie einen Schritt zurück. Ich meine
es ernst. Jetzt ist es in der Waage.
Th: Spüre mal
die Ausgewogenheit zwischen euch.
Kl: Ich will nicht
so schräg stehen oder sondern gleichwertig.
Th: Gut, dann fahre
mal mit ihr Rad und schau mal wie es abläuft. Schau mal, ob es nach den
neuen Erfahrungen noch ein Kampf ist.
Kl: Es hat keine
Bedeutung. Die Landschaft ist schön und du kannst fahren wie du willst.
Wir können uns ja an einer Stelle treffen. Es ist mir egal ob du trainiert
bist oder nicht.
Th: Guck mal wie
sie darauf reagiert wenn du losläßt?
Kl: Ja sie muß
auch nicht strampeln.
Th: Merkst du, wenn
einer losläßt kann der andere auch loslassen.
Kl: Das mit dem Ausziehem
war auch so, daß ich mich schnell ausgezogen habe und sie betont langsam.
Th: Spüre mal,
wie ihr euch jetzt auszieht.
Kl: Jetzt ist es
so, daß ich mich schnell ausziehe, weil ich gerne schnell ins Wasser gehe
und sie kann es machen wie sie es will. Ich gucke mich gar nicht um. Du kannst
trödeln, ich habe das Bedürfnis direkt ins Wasser zu gehen und das
mache ich auch. Dass wir gemeinsam ins Wasser gehen, das muß ja gar nicht
sein. Kannst auch baden so lange wie du willst, aber pass auf dich auf. Ich
weiß nicht was das ist, es ist als wenn du dich manchmal wie ein Kind
benimmst und andere in die Rolle von Vater und Mutter zwingst. Du machst dann
auf extrem hilfsbedürftig.
Th: Macht sie es
jetzt?
Kl: Ja, mit dem ins
Wasser gehen. Huch ist das kalt und jetzt muß ich alleine ins Wasser,
was soll das.
Th: Spüre mal
was sie in dir hochholt, wenn sie das macht.
Kl: Das sind Vater
und Muttergefühle und ich bin für eine gleichaltrige Erwachsene verantwortlich.
Ich bin nicht für dich verantwortlich. Du bist für dich selber verantwortlich.
Das streitet sie ab, daß sie es mit Absicht macht in mir so eine Verantwortung
hoch zu holen. Das kommt bei mir anders an.
Th: Das ist aber
dein Gefühl. Woran erinnert es dich, was willst du nicht haben. Das mußt
du irgendwoher kennen.
Kl: Andauernd verantwortlich
zu sein.
Th: Wer verlangt
das.
Kl:
Na mein Mann. Ich bin für die Kinder verantwortlich, ich bin ja schließlich
zu Hause und dann muß ich das auch alles machen. Ich muß allen Kram
aufräumen und jedes Pflaster das nötig ist und jeder laute Ton, für
alles bin ich verantwortlich. Und in der engen Wohnung bei Regenwetter halte
du mit deinen übersensiblen Ohren mal drei Kinder ruhig, daß kannst
du mir mal vormachen. Ich kann ja nicht allen den Mund zukleben und Socken drum
wickeln damit sie leise schreien. Das ist ein Unding, das geht nicht. Man kann
sich nur mit ihnen hinsetzen und mit ihnen spielen damit sie ruhig sind. Du
versteckst dich immer hinter deiner Unterrichtsvorbereitung. Das kotzt mich
an. - Weint und schreit und schlägt. - Ich kann das nicht mehr aushalten,
daß du alles mir zuschiebst. Ich mache das nicht mehr mit. Gehe doch in
die Bibliothek, da kannst du in Ruhe hocken. - Schreit und schlägt eine
Weile.Musik unterstützt. -
Th: Wie reagiert
er denn jetzt?
Kl: Er ist verwundert.
Er tut, als wenn er das noch nie gewußt hat.
Th: Ich habe einen
Vorschlag. Sage doch mal den Kindern sie sollen bei ihm mal ganz viel Krach
machen.
Kl: Kommt mal alle
drei rein ins Wohnzimmer in diesen edlen Holzraum zu eurem Papa und dann steigt
mal über den Tisch, ihr dürft es. Los! Wie ihr wollt könnt ihr
herumturnen. Stellt alles an einen anderen Platz, reißt die Decke herunter
ihr dürft es. - Lacht. - Los, dreht den Tisch um, die Beine nach oben und
vor allen den Stuhl vom Schreibtisch, macht daraus ein Fahrrad. Er steht da
wie Pic sieben. Das hast du noch nie erlebt.
Th: Gefällt
es ihm?
Kl: Der weiß
nicht ob er lachen oder weinen soll. Am besten nehmt ihr noch Vaters Hefte und
macht was damit. Das geht zu weit.
Th: Warum? Mache
es doch wenn du Lust hast.
Kl: Ich verstecke
die. Jetzt stehst du da und hast nichts zu tun. Jetzt will ich dir mal was sagen.
Du hast mich als Puffer benutzt. Mich zwischen die Kinder und dich gestellt.
Ich sollte dir gerecht werden indem ich funktioniere und drei lebhafte und gesunde
Kinder ruhig halten in einer Miniwohnung. Und die Kinder, denen wollte ich gerecht
werden, daß sie Freiraum haben, die wollten spielen und jetzt mach du
das mal. Ich setze mich in den Sessel und will nicht gestört werden auf
keinen Fall. - Schlägt und weint laut. - Da guckst du, das kannst du nämlich
auch nicht.
Th: Was sagt er denn
dazu?
Kl: Er kann sich
nicht vorstellen wie das gehen soll und er kann das auch nicht. Jetzt stelle
dir vor es regnet drei Tage, wie kommst du dir denn da vor wenn du das durchhalten
sollst. Es tut ihm leid. Er fasst mich um.
Th: Dürfen sie
ab jetzt laut sein?
Kl:
Wir müssen eine andere Lösung finden. Du mußt in der Bibliothek
arbeiten, die Kinder müssen sich zu Hause bewegen können. Auch wenn
dir das nicht gefällt, aber so geht das nicht mehr. Er sucht sich in der
Bibliothek einen Platz. Die Kinder, die hopsen herum. - Lacht. - Die sind in
Ordnung, sie sind nicht mit Absicht laut. Sie üben Gitarre und Flöte
und das nervt manchmal am Anfang wenn man ein Instrument lernen will. Mein Mann
geht in die Bibliothek und kommt dann zum Abendbrot wieder.
Th: Wie fühlst
du dich damit?
Kl: Gut, sogar sehr
gut. Ich bin total erleichtert, daß alle zu ihrem Recht kommen und ich
auch. Ich bin raus aus dieser Pufferzone. Verantwortung ist ja gut, man muß
ja auch ein Anlaufpunkt sein für die Kinder, aber nicht so zerrieben werden.
Th: Gut, dann gehe
mit dieser Erfahrung noch mal zu deinem Badeurlaub und lasse sie mal ins Wasser
gehen und spüre mal wie es sich anfühlt.
Kl: Sie geht so rein,
hach es ist kalt. Du mußt ja nicht reingehen.
Th: Kannst du lachen
drüber?
Kl: Ja, du kannst
ja draußenbleiben. Mach doch oder nicht.
Th: Und was macht
sie?
Kl: Sie geht rein.
Th: Laß sie
reingehen und guck hin ob es immer noch zu diesem Unfall kommt.
Kl: Ich glaube sie
hat jetzt mehr Verantwortung für sich.
Th: Guck hin, was
passiert.
Kl: Sie spürt
die Kraft der Wellen und als der Boden unter den Füßen plötzlich
weg ist, ist sie geistesgegenwärtig genug um schnell in die Richtung zu
gehen wo sie Grund hatte.Es ist nur ein großer Schritt und das schafft
sie. Sie schluckt zwar auch Wasser, aber sie weiß wo sie hinmuß
und ist ganz erleichtert, daß sie es geschafft hat.
Th: Wie geht es weiter?
Kl: Sie kommt jetzt
raus, daß hat ihr gereicht. Du bist ja so schnell wieder draußen,
war wohl kalt oder? Das ist ja gemein von mir. Hast ein bisschen den Grund verloren,
aber zum Glück gleich wieder gefunden. Komm her, wir sind schon ein Pärchen.
Th: Jetzt hole ich
mal den Kamm dazu und lege den dazwischen. Was passiert?
Kl:
Der ist nicht wichtig. Ist der Kamm noch wichtig für dich? Nein. Es
ist egal. Sie hat noch zehn Finger und kauft sich einen neuen Kamm. Und warum
hast du ihn mir so vorgehalten? Das war wegen unserem Machtkampf. Und der Haufen
Käse? Wollen wir damit den Strand verunreinigen? Ach, den fressen die Möwen.
Den alten, triefenden Käse den lassen wir am Strand und denken beide, daß
die Möwen den gerne essen.
Th: Dann schicke
ich euch nochmal den Tod vorbei. Guck mal wie er ausschaut.
Kl:
Der Tod, der hat einen Anzug an und geht am Strand spazieren. Er guckt im Wasser
ob er wen sieht, aber wir sind ihm nicht wichtig. Er geht seines Weges in eine
andere Richtung. Da ist noch was wo ich auf mich schimpfe. Nach dem Unfall waren
ja die Räder am Strand geblieben und das habe ich der Wirtin gesagt und
die mußten ja geholt werden. Da hat sie gesagt,sie wüßte jemanden,
aber der verlangt siebzig DM. Da habe ich gedacht, das hat Sissi eingebrockt,
das kann sie auch bezahlen. Da habe ich der Wirtin gesagt, daß Sissi das
bezahlt. Ich habe meinen Urlaubsanteil bezahlt und nichts für die Räder
und habe gedacht, das bezahlt Sissi und darüber war sie auch wütend.
Ich dachte immer, unsere Rückfahrt vom Strand hast du verhindert, weil
du dich zu tief ins Wasser begeben hast und dann habe ich nicht eingesehen,
daß ich auch noch für den Rädertransport was bezahle. Da sagt
sie halbe, halbe.
Th: Spüre mal
was das mit dir macht. Was löst das aus bei dir.
Kl: Ich muß
sagen, daß ich das einfach entschieden habe, weil ich ja entscheiden mußte
und habe eigenmächtig dir den Packen zugeschoben, aber du hast schon recht,
daß wir uns beide die Räder ausgeliehen haben und beide dafür
verantwortlich sind. Damals habe ich gedacht, mit der Organisation des Rücktransportes
habe ich genug getan. Heute fühle ich mich mit der Entscheidung nicht so
gut. Damals fand ich das nur gerecht, daß ich nicht auch noch bezahlen
muß was ich nicht angestellt habe. Aber weil wir uns beide die Räder
ausgeliehen haben, zahle ich die Hälfte.
Th: Wie reagiert
sie?
Kl: Das ist in Ordnung.
Th: Wie ist das für
dich?
Kl:
Das ist ok. Die fünfunddreißig Mark sind noch offen, die ich dir
bei Gelegenheit gebe.
Th: Mache es doch
jetzt mal innerlich.
Kl: Bitte, hier sind
die fünfunddreißig Mark. Sie nimmt es gerne. Sind wir jetzt in Ordnung
mit der Sache? Gut.
Th: Schau sie mal
an.
Kl: - Weint. - Du
bist doch meine Freundin, auch wenn das so schlimm war. Wir können wieder
miteinander richtig reden, aber nicht soviel.
Th: Und spüre
mal, daß du auch stop sagen kannst.
Kl: Wenn du wieder
endlos redest schreie ich stop oder schubse dich an, daß ich auch noch
da bin. ... Ich habe ja noch bis ein Jahr nach dem Unfall um ein Gespräch
gebeten, aber wir konnten nicht mehr zusammen kommen. Es war so ein Horror,
daß sie wieder endlos redet. Aber sie hat es versprochen und ich bin entschiedener
und kann jetzt auch laut werden. Ich bin jetzt bewußter, daß ich
es nicht hören will und auch nicht muß. Ich muß dir nicht mehr
stundenlang zuhören. Nach einem Beispiel kann ich sagen, es reicht und
dann können wir Stille genießen am Strand oder auf der Bank. Wir
sitzen auf der Bank und verstehen uns. Das ist schön. Jetzt ist da noch
der Käsemann und Kohlenmann und Hautkrebs, der auch mit Käse zu tun
hat.
Th: Ja guck hin.
Was nimmst du wahr?
Kl: Dass der sich
auf seine Schippe stützt, aber es ist unter dem Arm wie eine Rinne, da
ist auch Käse drin.
Th: Frag ihn doch
mal was das ist oder was das soll, was du machen kannst.
Kl: Da ist unter
meinem Arm eine Rinne mit Käse drin da kann man mit einer Kuchengabel reinpiken
und dann wickelt sich der Käse auch um die Gabel. Kannst du mir bitte was
dazu sagen? Beziehungskäse. Was meinst du? Es gibt noch anderen Käse
in Beziehungen zu anderen Freunden und Bekannten. Unnötig viel Käse,
unnötig viel Zugeständnisse. Ich soll da reinpiken und die Käsebrocken
wegschmeißen. Wen soll ich mir da angucken? Rita, das ist eine Sportfreundin.
Komm doch mal bitte her, hier gibt es Beziehungskäse zwischen uns. Du organisierst
alles schön zwischen uns und erwartest, daß alle begeistert dir zustimmen
und das toll finden und nicht jeder findet das toll und ich muß dir sagen,
ich finde das nicht so gut, ich möchte da nicht so unbedingt mitmachen
und ich will auch keine Begründung abgeben. Ich will dich nicht beleidigen,
ich finde das toll wenn du das organisierst, aber es muß ja nicht jeder
mitmachen. Ich habe immer mal eine Ausrede gesucht und habe nicht die Wahrheit
gesagt, aber ich sage dir jetzt mal ehrlich, ich möchte da nicht mitfahren
weil ich keine Lust dazu habe. Es ist schön wenn wir mit den Sportfreunden
einen Ausflug machen, aber ich setze mich nicht fünf Stunden in den Bus
und höre mir das ewige Geschnatter von den Anderen an. Für mich ist
das sehr anstrengend. Dann gibt es dort schon vorbestelltes Essen und ich möchte
das nicht essen und ich möchte auch nicht mit euch Wein trinken, weil ich
das nicht vertrage. Das sind alles wenns und abers die mich davon abhalten.
Ich bin gerne mit euch zusammen aber nicht auf zwei Tage.
Th: Wie reagiert
sie?
Kl: Ich hätte
es schon längst sagen sollen, meint sie.
Th: Guck mal, was
mit dem Käse ist.
Kl: Das Erste ist
schon rausgehebelt. Es gibt auch eigentlich gar keinen Grund, daß ich
es ihr nicht sagen kann. Sie versteht das.
Th:
Guck mal zum Kohlenmann, laß dir zeigen was zu tun ist.
Kl: Was ist noch?
Gudrun muß auch herkommen. Gudrun, du als Lehrerin kannst mich totreden,
da komme ich gar nicht zum Satz bilden. Vielleicht hörst du auch mal zu,
wenn ich dir was sagen möchte, ich muß doch auch mal zu Wort kommen,
oder daß ich deine langen, redegewanten Sätze nicht möchte.
Du mußt nicht alles fünf mal erklären. Ich bin doch nicht deine
Schülerin. Ein Satz reicht. Ich weiß, daß du das vierzig Jahre
gemacht hast und nicht anders kannst. Wie wollen wir verbleiben? Du kannst mich
ja dabei angucken und wenn du merkst ich hole tief Luft und komme immer noch
nicht zu Wort oder wie wollen wir es machen.
Th: Ich
habe einen Vorschlag, stop sagen.
Kl: Ja, das ist kurz
genug um in dein Luftholen reinzupassen.
Th: Mach es mal.
Kl: Also Gudrun,
stop! Ich möchte auch was sagen. Das funktioniert jetzt. Ich möchte
dir sagen, du hast es mir mit den zwei Sätzen bereits gesagt. Ich habe
dich verstanden und ich möchte, daß wir bei dieser Abmachung bleiben.
Th: Wie reagiert
sie?
Kl: Das findet sie
auch in Ordnung. Sie nimmt es an. Komme ich endlich auch mal zu Wort.
Th: Probiere es doch
nochmal.
Kl:
Stop! Du hast mir von deinem Karl schon alle Geschichten erzählt und außerdem
habe ich drei Kinder und kenne Kindergeschichten genug. Schluß, genug,
ich habe verstanden. Gut.
Th: Guck mal zum
Kohlenmann.
Kl:
Das geht noch weiter. Da ist noch Lisel. Sie ist eine ganz Kluge, sie weiß
immer Rat und weiß immer alles und überschüttet einen mit ihrer
Klugheit und wenn sie es nicht weiß, weiß es ihr Mann. Wenn ich
was wissen will, dann frag ich dich oder auch jemanden anders, verstehst du
das. Ich kann ja verstehen, daß du voller Wissen steckst und das auch
aussprechen und auch glänzen willst aber bei mir brauchst du das nicht.
Ich fage dich oder guck selbst in einem Lexikon nach. Na ja, vielleicht habe
ich das etwas deutlich gesagt. Ist schon gut, sagt sie.
Th: Wie geht es dir
jetzt?
Kl:
Es geht mir besser wenn ich die Beziehungen nicht schöne, wenn ich noch
offen und ehrlicher bin und nicht Käse drumherum mache. Ich mache den Käse,
fettig und unverdaulich für mich.
Th: Laß mal
all die anderen da sein. Guck mal wer alles auftaucht.
Kl: Das betrifft
alle, bis auf eine. Eine andere Sissi. Zu dir bin ich ganz ehrlich und du nimmst
dich auch zurück wenn du merkst, daß es mir zuviel wird. -Weint.
- Ich finde dich ganz toll. Du verstehst mich so sehr. Ich brauche keinen Schmuß
zu machen. Die anderen fallen dagegen ab, weil ich sie beschweren mit dem Käse.
Nimm doch mal den Käse weg.
Th: Nimm mal überall
den Käse weg, mach mal ehrliche Beziehungen daraus.
Kl: Ich nehme die
Gabel und nehme von Lisel den Käse weg und von R. und der anderen R. und
von G. und von V. und R. und Ehepaar H. und B. B., du bist mir sehr schwer.
Du hängst schwer an mir dran. Ich würde gerne auf gleiche Ebene mit
dir kommen. Du bist aber vom Wuchs so groß und ich bin so klein und mollig.
Th: Was löst
sie aus bei dir?
Kl: Ich fühle
mich klein, dick und schwer.
Th: Löst sie
Minderwertigkeitsgefühle aus? - Klientin bejaht. - Guck mal was das für
welche sind. Laß sie mal auftauchen.
Kl: Ich muß
immer was parat haben, womit ich sie beeindrucke. Das ist immer ein bisschen
verkrampft und ich muß mir so eine Mühe geben.
Th: Guck mal wer
vor dir steht, vor wem gibst du dir die Mühe.
Kl: Meine Mutter.
Du machst das wie meine Mutter, du holst bei mir die selben Gefühle hoch
wie meine Mutter. Ich muß immer super sein und was bringen wofür
du mich loben kannst und ich fühle mich immer unter Zwang und fühle
mich schlecht. Wo soll ich das denn immer hernehmen?
Th: Hole mal deine
Mutter.
Kl: Hallo Mutter.
Stell dich mal neben B., ihr seid ein Paar. Ich fühle mich ganz blöd
oder muß mir immer was ausdenken oder bin froh, wenn ich mal was Neues
gelesen habe um damit was darzustellen wo du stolz sein kannst auf mich. Das
geht doch nicht am laufenden Band.
Th: Was willst du
denn von ihr?
Kl: Ich will, daß
du mich so nimmst wie ich bin. Ist das nicht genug. Reicht das nicht, daß
ich da bin und es so gut mache wie ich kann. Muß ich immer noch was aus
mir rausquetschen. Andauernd soll ich was bringen. - Fängt an zu schlagen.
- Leistung, was darstellen. Ich will nicht immer was bringen. - Weint und schreit
und schlägt. - Ich muß auch nicht immer lächeln. Manchmal ist
mir ganz anders. Es ist genug mit der scheiß Spielerei. Mir reicht es
schon lange und ich mache es jetzt anders.
Th: Schau mal wie
deine Mama reagiert.
Kl: Sie kocht so
schnell keinen Spinat mehr.
Th: Mußt du
immer noch was tolles bringen?
Kl: Muß ich
immer noch was darstellen? Es tut ihr leid, daß sie mich so gedrängt
hat. Ich habe auch das Lob gebraucht.
Th: Was wolltest
du denn eigentlich von ihr?
Kl:
Ich wollte eigentlich deine Liebe. Ich habe immer gedacht, ich kann deine Liebe
gewinnen. Aber du hast mich gelobt und hast mir auf die Schulter geklopft, aber
eigentlich wollte ich, daß du mich auf den Arm nimmst, aber da war irgendwas
zwischen uns was nicht ging. Ich denke das ist jetzt weg, weil du meine Verzweiflung
gesehen hast. So hätte ich auch nicht weitermachen können. Ich war
total verzweifelt. Ich war am Ende.
Th: Zeig ihr das
doch mal, nimm sie mit.
Kl: All das "sich
produzieren müssen" hat mich zur Verzweiflung gebracht. Ich war richtig
ausgepowert, ausgequetscht. Ich war am Ende. Es ist so schlimm gekommen, daß
der Tod schon seine Hand auf mich gelegt hat. Mich kann nur eins retten, daß
du mich gern hast, das andere mich so nehmen wie ich bin. Das einfach Liebe
da ist und Offenheit.
Th: Guck mal wie
sie reagiert.
Kl: Sie gibt mir die Hand, daß ich zu ihr hinkommen kann. Sie nimmt mich in den Arm. Ich möchte Frieden und Geborgenheit. - Weint stark eine Weile. Musik unterstützt. - Der Käsemann hat seine Schippe auch weggestellt und sich zu dem anderen gesetzt. Die warten jetzt ab. - Session wird beendet.