Brustkrebs-Tagung: Von »Synergetik-Profiling« bis
Dunkelfeldmikroskopie - Brückenschlag Schul- und Alternativmedizin?
Gießen-Kleinlinden
(if). Sie sei »ungeheuer verunsichert«. »Und je mehr ich höre,
desto verunsicherter werde ich«: Vielen Frauen, die die schockierende
Diagnose »Brustkrebs« verarbeiten müssen - in Deutschland sind
es jährlich 48 000 -, geht es ähnlich wie der freimütigen Teilnehmerin
einer Tagung, zu der die Brustkrebsinitiative Gießen unter dem viel versprechenden
Titel »Erfolgreiche nicht konventionelle Diagnostik und Therapie bei Brustkrebs«
am Samstag ins Bürgerhaus Kleinlinden gelockt hatte: Nach der Diagnose
pflegt eine solche Welle von »guten Ratschlägen« und Empfehlungen
über den Betroffenen zusammenzuschlagen, dass jeder Orientierungsversuch
vergebliche Liebesmüh bedeuten muss.
Die Veranstaltung solle dazu beitragen, Frauen in ihrer Selbstbestimmung und
Eigenverantwortung für ihre Gesundheit zu stärken, hieß es etwas
diffus in der Einladung. Prof. Hans-Rudolf Tinneberg, der Direktor der Universitätsfrauenklinik,
der die Schirmherrschaft übernommen hatte, schrieb in seiner von Ursula
Passarge verlesenen Grußbotschaft, in »kritischer Auseinandersetzung«
wolle man dem Wunsch entsprechen, aus dem »Dunstkreis nicht konventioneller«
Methoden heraus gezielte Informationen zu gewinnen. Erfreulich nannte er, dass
die Organisatorinnen Wert darauf legten, diese Methoden grundsätzlich den
gleichen fundierten Wirksamkeitsprüfungen zu unterziehen wie sie für
konventionelle Diagnostik und Therapie gelten. Die Frauenbeauftragte betonte,
man wolle ein »Forum für kompetente Information« bieten.
Einen - naturgemäß begrenzten -Einblick in »die Vielfalt nicht
konventioneller Heilungswege bei Krebserkrankungen« vermittelten Referentinnen
und Referenten in einer von der Rundfunkredakteurin Eva Deppe moderierten Podiumsdiskussion
und in späteren Workshops. Dabei stellte die Licher Heilpraktikerin Johanna
Sieberg ihr Gesundheitstraining nach der Methode »Wildwuchs« vor,
die Gießener Heilpraktikerin Rosmarie Holerman informierte über den
familientherapeutischen Ansatz, »um die Botschaften des Körpers leichter
zu verstehen«, und Uschi Jonson (ebenfalls Gießen) präsentierte
sich als »Synergetik-Therapeutin und Profilerin«. Der
Physik-Ingenieur Bernd Joschko (Bischoffen-Rosbach) erläuterte dieses »Synergetik-Profiling«
als Aufdeckung von Krankheitshintergründen (»Was macht krank - was
heilt?«), während der Lahnauer Heilpraktiker Friedel Brück
die in seiner Praxis angebotene Dunkelfeldmikroskopie als begleitende Diagnostik
in Vor- und Nachsorge beschrieb.
Im Laufe der von Helga Bayer moderierten Veranstaltung wurde von betroffenen
Frauen unüberhörbar der Wunsch nach einem »Brückenschlag«
zwischen Schulmedizin und nicht-konventionellen Diagnose- und Behandlungsmethoden
geäußert. Könnten Ansätze dazu aus der vierten Säule
der Krebsbehandlung neben Stahl, Strahl und Chemotherapie, der gezielten, positiven
Beeinflussung der körpereigenenn Abwehr erwachsen? »Krebs ist keine
Erkrankung des Organs, sondern eine Krankheit der Person« hatte dazu einleitend
Dr. med. Dagmar Uecker (Bad Soden) postuliert. Als Ärztin für Innere
Krankheiten und Naturheilverfahren aus der »Schulmedizin« kommend,
hat sie sich auf biologische Tumortherapie spezialisiert. »Die Therapie
kann nie auf die rein körperliche Ebene reduziert werden«, betonte
sie. Doch erschwere der Absolutheitsanspruch der klassischen Onkologie ergänzende
Heilbemühungen.
Die von Dr. Uecker am Beispiel der so genannten »Homotoxikologie«
geschilderte biologisch orientierte Krebsbehandlung als Sonderform der Homöopathie
beispielsweise bezieht neben der psychischen Begleitung als erster und schwierigster
therapeutischer Aufgabe auch Mistel- und Thymuspräparate, so genannte »Antihomotoxika«,
Antioxydantien, Milzpolypeptide und Enzyme in das therapeutische Repertoire
ein.
In der begleitenden Ausstellung konnten sich die rund 90 Teilnehmerinnen - unter
denen sich auch ein Frauenarzt verlor - nicht nur über die verschiedenen
Hilfsangebote von Selbsthilfegruppen der Region informieren. Sie erfuhren, dass
es in der Nachbarstadt Marburg eine »Naturheilkundliche Tagesklinik«
gibt, aber auch von asiatischen Pilzen, von denen neuerdings Heilung erwartet
wird.
Quelle: Giessener Allgemeine (2005-04-11)
Webseite: http://www.giessener-allgemeine.de/
Eingetragen von: Redaktion
veröffentlicht von 2005-04-12 bis 2005-06-12