BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 3 C 28.09 OVG 8 LC 9/07 / OVG 8 LC 6/07
In den Verwaltungsstreitsachen
Verkündet am 26. August 2010 Jesert Hauptsekretärin als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung
vom 26. August 2010 durch den
Vorsitzenden
Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
Liebler, Prof. Dr. Dr. h.c. Rennert, Buchheister und Dr. Wysk
für Recht erkannt:
Die Revisionen der Kläger gegen die Urteile des Nieder- sächsischen
Oberverwaltungsgerichts vom 18. Juni 2009 werden zurückgewiesen.
Die Kläger trägen die Kosten des Revisionsverfahrens jeweils zur Hälfte.
Gründe: I
1 Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte den Klägern zu
Recht die Be- handlung nach der Synergetik-Methode als unerlaubte Ausübung
der Heilkunde untersagt hat.
2 Der Kläger versteht sich als Begründer dieser Methode. An seinem
Wohnsitz in Hessen betreibt er seit den 1980er Jahren ein Synergetik-Institut,
das Therapien und Ausbildungskurse anbietet. Nach Eigendarstellungen in Broschüren
und im Internet beruht die Methode auf der mathematischen Beschreibung der Selbstorganisation
makroskopischer Systeme durch den Physiker Hermann Haken. Dessen Erkenntnisse
seien auf die Selbstorganisationsfähigkeit der Psyche in Tiefenentspannung
übertragbar. Dem Klienten werde durch eine Veränderung der neuronalen
Informationsstruktur ermöglicht, während einer Innenweltreise den
Hintergrund von Krankheiten aufzulösen. Die Synergetik-Therapie sei Anleitung
zur Selbstheilung bei nahezu allen seelischen und kör- perlichen Erkrankungen.
3 Die Therapie-Sitzungen verlaufen derart, dass dem Klienten die Augen verbun-
den werden und er sich auf eine gepolsterte Unterlage legt. Durch das Abspielen
meditativer Musik, Vorlesen von Texten, Rückwärtszählen und der
Suggestion absteigender Treppen soll ein Zustand der Tiefenentspannung herbeigeführt
werden. Der Patient soll auf diese Weise, begleitet von dem Therapeuten, in
seine Innenwelt hinabsteigen, um unverarbeitete Erlebnisse und Konflikte durch
die innere Konfrontation neu zu gestalten. Durch den Einsatz von Geräuschen
und Klängen sollen dramaturgische Effekte erzielt werden; ferner wird ein
Plastikschlagstock eingesetzt, um auf innere Bilder einschlagen zu können.
4 Gemeinsam mit der Klägerin eröffnete der Kläger Anfang des
Jahres 2004 in G. ein Informationscenter für ganzheitliche Therapie, in
dem sie die Synergetik-Therapie und das sogenannte Synergetik-Profiling anboten.
In einer Broschüre des Centers wird die Synergetik als neue Kraft im Gesundheitswesen
bezeichnet, die zu einer Selbstheilung von Krankheiten anleite. Zu dem Synergetik-
Profiling heißt es, dass der Kläger seine Erfahrungen mit Rasterfahndungsmethoden
als Ingenieur beim Bundeskriminalamt erfolgreich in der Synergetik-Therapie
untergebracht habe; für ihn sei es oft ein Leichtes, den Hintergrund von
Krankheitsstrukturen mit einem synergetischen Profiling aufzudecken und aufzulösen.
5 Der Beklagte untersagte den Klägern mit Bescheiden vom 8. Januar 2004
jeweils unter Androhung eines Zwangsgeldes die selbständige Ausübung
der Synergetik-Therapie und des Synergetik-Profilings und forderte sie auf,
das Praxisschild zu entfernen sowie die Angebote im Internet zu löschen.
Die Tätigkeit der Kläger sei eine Gefahr für die öffentliche
Sicherheit im Sinne des § 11 des Niedersächsischen Sicherheits- und
Ordnungsgesetzes; denn sie übten Heilkunde ohne die erforderliche Erlaubnis
nach dem Heilpraktikergesetz (HeilprG) aus. Für die Tiefenentspannung bestünden
Kontraindikationen; es könne zu psychischen Veränderungen und Krisensituationen,
ggf. auch zu Notfällen bei körperlichen Erkrankungen kommen. Da nach
den eigenen Angaben der Kläger 17 % der Klienten körperlich und 26
% psychisch krank seien, bedürfe es zur Verhinderung von Gefahren vor und
während der Therapie einer fachkundigen Ausschlusskontrolle, zu der die
Kläger mangels Vorbildung außer Stande seien.
6 Auf die Widersprüche der Kläger hin hob die Bezirksregierung die
Ausgangsbe- scheide insoweit auf, als den Klägern die Löschung ihrer
Angebote im Internet aufgegeben worden war, und wies sie im Übrigen zurück.
Die Synergetik-Methode sei als ein der Psychotherapie ähnliches Verfahren
einzustufen, das fließende Übergänge zur hypnotischen Induktion
enthalte. Es ähnele dem psy- chotherapeutischen Verfahren des katathymen
Bilderlebens. Ohne fachkundige Begleitung könne es dabei zu Komplikationen
bis hin zum Auftreten psychotischer Schübe kommen. Die Durchführung
der Therapie verursache zudem mittelbare Gesundheitsgefahren, indem eine Hintergrundauflösung
statt einer Bekämpfung der Krankheit durch Ärzte empfohlen werde.
7 Mit ihren Klagen haben die Kläger geltend gemacht, die Synergetik-Methode
arbeite nicht mit Suggestionen und Hypnose. Das werde durch eine Stellungnahme
des Psychologen Prof. Dr. R. bestätigt. Der Vorwurf, nur mit bestimmten
Ärzten zusammenzuarbeiten, sei ebenso unzutreffend wie die Annahme, die
Synergetik-Therapie sei darauf ausgerichtet, schulmedizinische Behandlungen
zu verhindern. Sie teilten zwar den Ansatz, dass eine Krebserkrankung konflikt-
bedingt sei. Allerdings setze die Synergetik nicht auf natürliche Heilkräfte,
sondern fordere den Klienten auf, selbst etwas gegen die Krankheit zu tun. Im
Übrigen müsse berücksichtigt werden, dass sich die neue Synergetik-Therapie
nicht mehr der Behandlung von Krankheiten widme. Um die Trennung von den Synergetik-Profilern
zu verdeutlichen, sei ein eigener Berufsverband gegründet worden. Ergänzend
haben die Kläger Stellungnahmen des Psychologischen Psychotherapeuten Dr.
A. und des Juristen Prof. Dr. H. vorgelegt.
8 Das Verwaltungsgericht hat die Klagen mit Urteilen vom 23. November 2006 abgewiesen.
Die Berufungen der Kläger hat das Oberverwaltungsgericht mit Urteilen vom
18. Juni 2009 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im We- sentlichen
ausgeführt: Der Beklagte habe zu Recht nicht zwischen Synergetik- Therapie
und Synergetik-Profiling unterschieden, weil im maßgeblichen Zeit- punkt
der von den Klägern geltend gemachte Unterschied, wonach sich die Synergetik-Therapie
nicht mehr mit der Behandlung von Krankheiten befasse, objektiv nicht bestanden
habe; vielmehr sei die Therapie als Selbstheilungsmethode und Innovation im
Gesundheitswesen dargestellt worden. Erst ab 2005 sei der Synergetik-Therapie
eine andere Zielrichtung zugeschrieben worden. Dadurch würden die Untersagungsbescheide
weder unbestimmt noch hätten sie sich erledigt; Gegenstand der Untersagungen
sei vielmehr die bei Erlass der Bescheide ausgeübte Tätigkeit. Diese
stelle eine Ausübung der Heilkunde im Sinne des Heilpraktikergesetzes dar.
Anders als bei Wunder- oder Geistheilern berufe sich die Synergetik-Methode
auf naturwissenschaftliche Zusammenhänge, die sie auf die Heilung von Krankheiten
übertrage. Ungeachtet der Bezeichnung als Selbstheilungsmethode würden
die Kläger tätig, indem sie die Patienten während der Therapie
anleiteten, um den behaupteten Selbstorganisationsprozess in Gang zu setzen.
Von der Methode gingen unmittelbare Gefahren aus. Nach den vorliegenden fachwissenschaftlichen
Stellungnahmen sei davon auszugehen, dass jedenfalls bei bestimmten psychischen
Erkrankungen Kontraindikationen bestünden. Dabei gehe es nicht um eine
bloß theoretische oder geringfügige Gefahr; denn die Kläger
wendeten sich gerade auch an Personen mit psychischen Problemen. Dass es nach
ihren Angaben trotz jahrelanger Anwendung der Methode bislang nicht zu Schäden
gekommen sei, schließe eine unmittelbare Gefahr nicht aus. Die Behauptung
sei objektiv nicht nachprüfbar und im Übrigen auch deshalb zweifelhaft,
weil die Therapeuten mangels medizinischer Kenntnisse nicht in der Lage seien,
die Folgen ihrer Tätigkeit zu erkennen. Die Behandlung sei ferner mittelbar
gefährlich, weil sie diejenigen, die daran glaubten, von einem möglicherweise
notwendigen Arztbesuch abhalten könne. Die Kläger verträten die
Auffassung, dass eine wahre Heilung nicht durch schulmedizinische Behandlung
erfolgen könne, sondern durch die von ihnen propagierte Hintergrundauflösung.
Zwar behaupteten die Kläger, auf eine Zusammenarbeit mit allen Ärzten
hinzuwirken; auch enthielten die Patienteninformationsblätter Hinweise
auf die Notwendigkeit, gegebenenfalls ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Darin liege jedoch nur der Versuch, sich von einer heilkundlichen Tätigkeit
abzugrenzen, ohne den Anspruch aufzugeben, Krankheiten besser als die Schulmedizin
heilen zu können. Das Verbot sei ein verhältnismäßiges
Mittel zum Schutz der Bevölkerung. Durch die Heilpraktikerprüfung
könne sichergestellt werden, dass die Kläger keinen Fehlvorstellungen
im medizinischen Bereich erlägen. Das Verbot sei schließlich ermessensfehlerfrei
ergangen.
9 Mit ihren Revisionen rügen die Kläger, das Berufungsgericht habe
einen unzutreffenden Beurteilungszeitpunkt zugrunde gelegt, indem es auf die
letzte Behördenentscheidung abgestellt habe. Wegen der Ausstrahlungswirkung
des Art. 12 GG hätte es die Entwicklung bis zur mündlichen Verhandlung
berücksichtigen müssen. Dass für gewerberechtliche Untersagungen
mittlerweile anderes gelte, beruhe allein auf dem Umstand, dass dort ein Wiedererteilungsverfahren
eingeführt worden sei, in dem nachträgliche Umstände Berücksichtigung
fänden. Das Berufungsgericht hätte deshalb einbeziehen müssen,
dass sich die „neue“ Synergie-Therapie nicht mehr der Behandlung
kranker Menschen widme und deshalb keine Gefahr für die Volksgesundheit
bedeute. Im Übrigen sei auch die Annahme unzutreffend, dass zum Zeitpunkt
der Verbotsverfügung keine Unterschiede bestanden hätten. Bereits
der Bescheid habe zwischen der Synergetik-Therapie und dem Profiling differenziert.
Das Berufungsgericht habe einen anderen Sachverhalt als die Behörde zugrunde
gelegt; das führe zu einer unzulässigen Wesensänderung des Bescheids
und zu einer Verletzung des Bestimmtheitsgebots aus § 37 Abs. 1 VwVfG.
Die Klägerin macht ergänzend geltend, nur die Synergetik-Therapie
anzuwenden, die auch gesunden Menschen nutzen könne.
Zur Frage der unmittelbaren Gefahr habe das Berufungsgericht in beiden Verfahren den Sachverhalt unzureichend aufgeklärt. Es hätte klären müssen, ob die synergetische Behandlung mit ähnlich invasiven oder suggestiven Techniken arbeite wie die medizinische Hypnose oder das ka- tathyme Bilderleben. Dazu sei in den Vorinstanzen umfangreich vorgetragen, es seien Privatgutachten vorgelegt und die Einholung weiterer Sachverständigengutachten gefordert worden. Indem das Berufungsgericht die Ausführungen der Gutachter nicht berücksichtigt und ohne Einholung eines weiteren Sachver ständigengutachtens entschieden habe, verstoße es gegen § 86 VwGO. Auch bei der Annahme mittelbarer Gefahren habe es seine Sachaufklärungspflicht verletzt. Ohne Parteivernehmung hätte nicht auf ihre mangelnde Bereitschaft geschlossen werden dürfen, zur Einholung schulmedizinischer Behandlung zu raten. Das Berufungsgericht habe zugleich gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen. Ohne einen gerichtlichen Hinweis hätten sie nicht damit rechnen müssen, dass das Gericht die Gefährlichkeit der synergetischen Behandlungsmethode, mithin eine Fachfrage, ohne Einholung einer sachverständigen Bewertung entscheiden würde. Andernfalls hätten sie einen förmlichen Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens gestellt. Die Notwendigkeit einer Heilpraktikererlaubnis sei zur Abwehr der angenommenen Gefahren zudem ungeeignet.
Ebenso wie in den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu Geist- und
Wunderheilern sei auch ihre Tätigkeit durch eine ausgeprägte Medizinferne
gekennzeichnet. In einem solchen Fall werde die mittelbare Gefahr, einen Kranken
von einem erforderlichen Arztbesuch abzuhalten, nicht etwa verringert, sondern
vergrößert, wenn die Tätigkeit als staatlich genehmigter und
geprüfter Heilpraktiker ausgeübt werde. Schließlich sei das
Verbot nicht erforderlich. Es genüge, ihnen aufzugeben, Klienten nur nach
Vorlage einer ärztlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung zu behandeln und
die Klienten anzuhalten, medizinischen Rat in Anspruch zu nehmen. Ein solches
Konsiliarverfahren sei für die psychotherapeutische Behandlung ausdrücklich
vorgesehen. Die Kläger rügen außerdem, dass die Vollmacht der
Vertreterin des Beklagten nicht bis zum Ende der mündlichen Verhandlung
vor dem Berufungsgericht vorgelegen habe. Das müsse zu einer Zurückverweisung
der Sache führen.
10 Der Beklagte verteidigt das Berufungsurteil.
II
11 Die Revisionen sind unbegründet. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen
kein Bundesrecht im Sinne des § 137 Abs. 1 VwGO.
12 1. Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass die Klagen
als Anfechtungsklagen statthaft sind. Der von den Klägern geltend gemachte
Umstand, dass die „neue“ Synergetik-Therapie nicht mehr der Behandlung
von Krankheiten diene, führt nicht dazu, dass sich der Streit um die Aufhebung
der Untersagungsverfügungen teilweise - hinsichtlich der untersagten Ausübung
der Synergetik-Therapie - in der Hauptsache erledigt hätte. Den Klägern
ist durch die angegriffenen Bescheide eine bestimmte Tätigkeit untersagt
worden, nämlich die Ausübung der Synergetik-Therapie und des Synergetik-Profilings
in der zum Zeitpunkt der Untersagung praktizierten Form. Die
Rechtmäßigkeit der Untersagung dieser konkreten Tätigkeit bildet
den Streitgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens. Dass die Kläger
die Untersagungsverfügungen während des Verfahrens möglicherweise
befolgen, indem sie die ihnen untersagte Tätigkeit vorerst einstellen und
eine andere Tätigkeit aufnehmen, lässt die auf Dauer
angelegte Rechtswirkung der Bescheide nicht entfallen. Die streitgegenständliche
Anwendung der Synergetik-Methode, die die Kläger wiederauf- nehmen könnten,
bleibt ihnen weiterhin untersagt. Aus dem gleichen Grund ist eine Erledigung
nicht durch die Schließung des Informationscenters in G. und die Entfernung
des dortigen Praxisschildes eingetreten.
13 2. Das Berufungsgericht hat ohne Verstoß gegen Bundesrecht angenommen,
dass die Untersagungsbescheide des Beklagten in Gestalt der Widerspruchsbescheide
der Bezirksregierung rechtmäßig sind und die Kläger nicht in
ihren Rechten verletzen.
14 Die Bescheide stützen sich auf die gefahrenabwehrrechtliche Generalklausel
des § 11 des Niedersächsischen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes.
Danach können die Verwaltungsbehörden und die Polizei die notwendigen
Maßnahmen treffen, um eine Gefahr abzuwehren, soweit nicht weitere Vorschriften
die Be- fugnisse der Verwaltungsbehörden und der Polizei besonders regeln.
Das Beru- fungsgericht hat die Voraussetzungen dieser Ermächtigungsnorm
bejaht. Die Auslegung und Anwendung irrevisiblen Landesrechts ist grundsätzlich
Sache der Landesgerichte. Das Revisionsgericht hat nur zu überprüfen,
ob bei der Anwendung und Auslegung des Landesrechts das höherrangige Bundesrecht
beachtet worden ist. Der revisionsgerichtlichen Überprüfung unterliegt
ferner eine bundesrechtliche Frage, die für die nach irrevisiblem Recht
zu treffende Entscheidung vorgreiflich ist.
15 a) Hinsichtlich des Prüfungsgegenstandes hat das Berufungsgericht angenommen,
dass die von den Klägern angeführte „neue“ Synergetik-Methode,
die nicht mehr der Behandlung von Krankheiten diene, für die Rechtmäßigkeit
der angegriffenen Bescheide nicht entscheidungserheblich sei. Dagegen ist auch
im Lichte des Grundrechts der Kläger aus Art. 12 Abs. 1 GG nichts zu erinnern.
Es ist zwar richtig, dass ein effektiver Schutz der Berufsfreiheit gebieten
kann, im gerichtlichen Verfahren auch nachträglich eingetretene Umstände
in Rechnung zu stellen, die zur Rechtswidrigkeit einer ursprünglich rechtmäßigen
Untersagungsverfügung führen, soweit deren Berücksichtigung nicht
einem gesonderten Wiedererteilungsverfahren vorbehalten ist. Das kann die tatsächlichen
Voraussetzungen für die Ausübung einer bestimmten Tätigkeit betreffen,
etwa die zwischenzeitliche Wiedererlangung einer zunächst entfallenen persön-
lichen Eignung oder Zuverlässigkeit, oder die rechtlichen Voraussetzungen,
etwa den zwischenzeitlichen Wegfall einer ursprünglich vorhandenen Rechtsgrundlage
für die Untersagung infolge einer Gesetzesänderung (s. dazu das von
den Klägern angeführte Urteil vom 5. August 1965 - BVerwG 1 C 69.62
- BVerwGE 22, 16).
Um derartige Aspekte geht es hier jedoch nicht. Mit dem Einwand, die „neue“
Synergetik-Therapie diene nicht mehr der Krankenbehandlung, machen die Kläger
keine nachträglichen Umstände geltend, die die Beurteilung der ihnen
durch die angegriffenen Bescheide untersagten Tätigkeit ändern könnten,
sondern behaupten lediglich, statt der untersagten nunmehr eine andere Tätigkeit
auszuüben. Das berührt nicht die hier zu entscheidende Frage, ob die
den Klägern konkret untersagte Tätigkeit (weiterhin) eine unerlaubte
Ausübung der Heilkunde darstellt.
16 Im Übrigen ergäbe sich selbst bei Mitberücksichtigung der
von den Klägern geltend gemachten nachträglichen Umstände keine
andere Bewertung. Ausweislich der zu den Akten gereichten Unterlagen über
die vielfältigen Internetdarstellungen des Synergetik-Instituts und der
Berufsverbände wird auch die Synergetik-Therapie weiterhin als therapeutische
Maßnahme bei körperlichen oder seelischen Beeinträchtigungen
dargestellt und keine klare Abgrenzung der vermeintlich unterschiedlichen Berufsbilder
vorgenommen. Eine solche Abgrenzung wäre den Klägern in der
Praxis auch gar nicht möglich, da sie nicht in der Lage sind, zwischen
gesunden und kranken Klienten zu unterscheiden.
(Bemerkung von Bernd Joschko: 2005 wurde
extra ein 2. Berufsverband - Synergetik Profiler - gegründet, damit eine
Unterscheiddung da ist ( 80 Mitglieder) und 2. Wir wissen keine Grenze und genau
deshalb haben wir die Gerichte angerufen. Leider macht das BVerwG auch keine
Abgrenzung. Das wäre seine Aufgabe gewesen. Die erste Abgrenzung macht
der BGH 2011 und das VG Darmstadt 2015. Fazit: Wir haben leider keinen Redchtsstaat,
sondern nur das Recht Rechtsmittel einzulegen.- Dies hat bis 2015 etwa 150.000
€ gekostet und 20 Jahre gedauert ! - Bernd Joschko)
17 b) Die den Klägern untersagte Tätigkeit ist eine erlaubnispflichtige
Ausübung der Heilkunde im Sinne des Heilpraktikergesetzes - HeilprG - vom
17. Februar 1939 (RGBl I S. 251, BGBl III 2122-2), zuletzt geändert durch
Artikel 15 des Gesetzes vom 23. Oktober 2001 (BGBl I S. 2702).
18 Ausübung der Heilkunde nach § 1 Abs. 2 HeilprG ist jede berufs-
oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung
oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen.
Wegen der mit dem Erlaubniszwang verbundenen Beschränkung der Berufsfreiheit
des Art. 12 Abs. 1 GG fallen darunter nach der ständigen Rechtsprechung
des Bundesverwaltungsgerichts nur solche Heilbehandlungen, die nach allgemeiner
Auffassung ärztliche Fachkenntnisse erfordern und gesundheitliche Schäden
verursachen können. Ärztliche Fachkenntnisse können erforderlich
sein im Hinblick auf das Ziel, die Art oder die Methode der Tätigkeit oder
auch schon im Hinblick auf die Feststellung, ob im Einzelfall mit der Behandlung
begonnen werden darf, ohne dass der Patient durch die Verrichtung selbst unmittelbar
Schaden nimmt. Auch Tätigkeiten, die für sich gesehen ärztliche
Fachkenntnisse nicht voraussetzen, fallen unter die Erlaubnispflicht, wenn sie
nennenswerte Gesundheitsgefährdungen zur Folge haben können. Dazu
zählen auch mittelbare Gefährdungen, wenn durch die Behandlung ein
frühzeitiges Erkennen ernster Leiden verzögert wird und die Wahrscheinlichkeit
einer solchen Gefährdung nicht nur geringfügig ist. Eine solche Gefahr
besteht dann, wenn die in Rede stehende Heilbehandlung als eine die ärztliche
Berufsausübung ersetzende Tätigkeit erscheint (vgl. zu alledem Urteile
vom 20. Januar 1966 - BVerwG 1 C 73.64 - BVerwGE 23, 140 <146 ff.>, vom
25. Juni 1970 - BVerwG 1 C 53.66 - BVerwGE 35, 308 <311> und vom 11. November
1993 - BVerwG 3 C 45.91 - BVerwGE 94, 269 <274>; Beschluss vom 25. Juni
2007 - BVerwG 3 B 82.06 - Buchholz 418.04 Heilpraktiker Nr. 23 Rn. 4; Urteil
vom 26. August 2009 - BVerwG 3 C 19.08 - BVerwGE 134, 345 <346>; Beschluss
vom 28. Oktober 2009 - BVerwG 3 B 39.09 - juris Rn. 3). Je weiter sich dabei
das Erscheinungsbild des Heilers von der medizinischen Behandlung entfernt,
desto geringer wird das Gefährdungspotential im Hinblick auf mittelbare
Gefahren. Wenn Tätigkeiten nicht mehr den Eindruck erwecken, Ersatz für
eine medizinische Behandlung sein zu können, weil sie nur auf eine spirituelle
Wirkung angelegt sind, unterfallen sie nicht mehr dem Erlaubniszwang des Heilpraktikergesetzes
(vgl. zu sog. Geist- oder Wunderheilern BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 2.
März 2004 - 1 BvR 784/03 - NJW-RR 2004, 705 f. und vom 3. Juni 2004 - 2
BvR 1802/02 - NJW 2004, 2890 f.; s. hingegen zum Heilmittelwerbeverbot auch
für Geistheiler BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. März 2007 - 1 BvR
1226/06 - NJW-RR 2007, 1048).
19 aa) Das Berufungsgericht hat seiner Prüfung diese Maßstäbe
zugrunde gelegt und zutreffend angewandt. Die Synergetik-Methode, gleich
ob als Therapie oder als sog. Profiling, soll Krankheiten heilen oder lindern.
Die Methode präsentiert sich als etwas grundsätzlich Neues im Gesundheitswesen,
als die „vierte Kraft“ im Gesundheitswesen neben Ärzten, Heilpraktikern
und Psychothera- peuten sowie als höchste Stufe der Heilung - auf unterster
Stufe steht danach die Schulmedizin mit einer bloßen Symptombekämpfung
oder -unterdrückung.
Dem so vermittelten Eindruck einer Heiltätigkeit können die Kläger
nicht mit Erfolg entgegenhalten, sie gäben keine Heilversprechen ab. Die
Präsentation der Methode ist vielmehr genau darauf gerichtet. Das zeigt
sich beispielhaft an den Aussagen zur Behandlung von Brustkrebserkrankungen.
So werden in einer sog. Brustkrebsstudie zahlreiche Beispiele einer Behandlung
durch die Synergetik-Therapie vorgestellt, zum Teil mit Ultraschallaufnahmen,
die das Verschwinden von Knoten in der Brust nach einigen Synergetik-Sitzungen
belegen sollen.
20 Anders als sog. Wunder- oder Geistheiler setzt die Methode der Kläger
auch nicht auf eine bloß spirituelle oder rituelle Heilung, die sich derart
von dem Erscheinungsbild einer medizinischen Behandlung entfernt, dass sie nicht
mehr den Eindruck erwecken kann, es handele sich um einen Ersatz für medizinische
Betreuung. Vielmehr wird gerade dieser Eindruck erweckt. Das ergibt sich bereits
aus dem äußeren Erscheinungsbild. Der Patient wird in Therapie-Sitzungen
behandelt, die durchaus einer psychologischen oder psychotherapeutischen Behandlung
ähneln. Es ergibt sich weiter aus der in Anspruch genommenen naturwissenschaftlichen
Grundlage der Methode. Vor allem aber stellt sich die Methode als der Schulmedizin
überlegen dar, die lediglich Symptome bekämpfe, während die Synergetik
den Krankheitshintergrund auflöse. In den Eigendarstellungen wird die Methode
der Behandlung durch Ärzte, Heilpraktiker und Psychotherapeuten als Alternative
gegenübergestellt („Heilung versus Selbstheilung“). Auch dies
zeigt sich exemplarisch an den Aussagen über die Behandlung von Brustkrebserkrankungen.
In den Broschüren wird die Wirksamkeit der schulmedizinischen Behandlung
angezweifelt und als lebensgefährlich bezeichnet. Zudem wird die Ansicht
vertreten, dass durch die vom Arzt gestellte Diagnose ein Schock ausgelöst
werde, der häufig zusätzlich Lungenkrebs erzeuge. Dagegen setzen die
Kläger ihre Methode der wahren Heilung, die auf der vermeintlichen Erkenntnis
basiert, dass Krebs in der linken Brust in der Regel auf einem Versorgungskonflikt
beruhe, in der rechten Brust hingegen auf einem Partnerschaftskonflikt, die
jeweils durch die Synergetik-Therapie aufgelöst werden könnten.
21 Die Kläger können nicht mit Erfolg geltend machen, die Patienten
heilten sich bei ihrer Reise in die Innenwelt selbst. Die Betonung der Selbstheilung,
mit der die Kläger den Patienten die Verantwortung für Erfolg oder
Misserfolg der Therapie zuweisen, kann nicht verdecken, dass die Methode ohne
den Therapeuten nicht durchgeführt werden kann. Dessen Tätigkeit wird
unter anderem in den vorgelegten Arbeitsanweisungen für Synergetik-Therapeuten
im Einzelnen beschrieben. Der Kläger bietet zudem zahlreiche Kurse an,
die gerade zur Ausübung dieser Tätigkeit befähigen sollen.
22 Da die Eigendarstellungen der Kläger auch die Synergetik-Therapie
als Methode zur Behandlung von Krankheiten präsentiert haben,
(Stimmt nicht, wie haben extra einen 2. Berufsverband
gegründet und die Aussendarstellung sowie die Ausbildungsinhalte verändert)
war für das Berufungsgericht eine ergebnisrelevante Unterscheidung zwischen
der Therapie und dem sog. Profiling nicht veranlasst. Es hat wie der Beklagte
beide „Therapie-Formen“ in den Blick genommen und beide für
eine erlaubnispflichtige Ausübung der Heilkunde gehalten. Eine „Wesensänderung“
(gemeint ist offenbar eine eigenmächtige Änderung der in Rede stehenden
Berufsbilder) oder ein von den Klägern wohl in diesem Zusammenhang gesehener
Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz liegt darin nicht.
23 bb) Die Einordnung der Synergetik-Methode als erlaubnispflichtige Heiltätigkeit
hängt somit von der Einschätzung der mit dieser Tätigkeit verbundenen
Risiken ab. Dies betrifft die Ebene der Tatsachenfeststellung, die nach §
137 Abs. 2 VwGO den Tatsachengerichten vorbehalten ist. Das Berufungsgericht
hat so- wohl eine unmittelbare als auch eine mittelbare Gesundheitsgefährdung
bejaht. Die dagegen erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch.
24 Das Berufungsgericht hat seine Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung
nach § 86 VwGO nicht dadurch verletzt, dass es zur Beurteilung der unmittelbaren
Gesundheitsgefährdungen keinen (weiteren) Sachverständigen herangezogen
hat. Mit dieser Rüge können die Kläger schon deshalb nicht durchdringen,
weil sie einen förmlichen Beweisantrag in der Vorinstanz
nicht gestellt haben. Ihr Einwand, durch einen unterbliebenen
Hinweis des Gerichts darauf, dass es auf der Grundlage des bisherigen Prozessstoffes
entscheiden wolle, von einem solchen Antrag abgehalten worden zu sein, ist unbegründet.
Das Gericht muss nur auf solche Umstände hinweisen, mit denen auch ein
erfahrener Prozessvertreter nicht zu rechnen braucht. (Aussage:
Ihr hattet einfach unfähige Rechtsanwälte). Solche
Umstände lagen hier nicht vor. Die Frage der Gesundheitsgefährdung
hatte im Verfahren breiten Raum eingenommen; von den Beteiligten waren zudem
schon verschiedene fachkundliche Stellungnahmen vorgelegt worden. Es war deshalb
nicht überraschend, dass das Berufungsgericht auf der Grundlage dieses
Prozessstoffes eine Sachentscheidung treffen würde. Überdies ist die
Frage der unmittelbaren und mittelbaren Gefährdung ausweislich der Niederschrift
der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht mit den Beteiligten
noch einmal näher erörtert worden. Aus dem Umstand, dass das Gericht
nach dieser Erörterung die Anträge entgegengenommen und abschließend
nur noch die Höhe des Streitwertes angesprochen hat, mussten die Kläger
bzw. ihr Prozessbevollmächtigter notwendig folgern, dass es nicht
die Absicht hat, von Amts wegen weitere Beweise zu erheben.
25 Die Notwendigkeit der Einholung eines Sachverständigengutachtens brauchte
sich dem Berufungsgericht auch nicht aufzudrängen. Es ist insbesondere
nicht so, dass das Gericht eine Fachfrage selbst beantwortet hat, ohne über
die dazu nötige Sachkenntnis zu verfügen. Es hat sich vielmehr auf
die bereits vorliegenden sachverständigen Einschätzungen von Prof.
Dr. R. und des Psycholo- gischen Sachverständigen der Gutachterstelle Nordrhein,
Dr. A., gestützt, sich mit den weiteren von den Klägern vorgelegten
Stellungnahmen von Prof. Dr. H. und Prof. Dr. R. auseinandergesetzt und die
vom Beklagten vorgelegten fach- wissenschaftlichen Informationen sowie die seiner
Einschätzung nach überzeugenden amtsärztlichen Erwägungen
einbezogen. Auf dieser Grundlage ist es zu der Feststellung gelangt, dass die
Synergetik-Therapie jedenfalls bei psychischen Erkrankungen wie Psychosen und
Borderline-Erkrankungen kontraindiziert ist und deshalb ihre Anwendung eingedenk
der Angabe des Klägers, dass 26 % der Patienten psychisch krank sind, ein
nicht unerhebliches Gefahren- moment darstellt. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens
hätte sich nur dann aufgedrängt, wenn sich aus den bereits vorliegenden
fachlichen Einschätzungen kein plausibles Bild ergeben hätte. Es
erscheint indes schon aus der Laiensphäre plausibel, (Richter
brauchen für eine Beurteilung Sachverständige - sonst sind sie LAIEN
!) dass das bei der Synergetik-Therapie beabsichtigte „Aufräumen
in der Innenwelt“ durch die Konfrontation mit unverarbeiteten Erlebnissen
und Konflikten angesichts der hervorgerufenen emotionalen Reaktionen („weinen,
schreien, spüren, draufhauen“) für Menschen mit bestimmten psychischen
Erkrankungen abträglich oder gefährlich sein kann.(Hypothese
- das Gegenteil ist der Fall. Aber Richter haben von der praktischen Wirklichkeit
keine Ahnung!).
26 Die Kläger meinen demgegenüber, ein Sachverständigengutachten
hätte sich deshalb aufdrängen müssen, weil die Frage ungeklärt
geblieben sei, ob die Patienten bei der Synergetik-Therapie ebenso wie bei bestimmten
Psychotherapieverfahren in eine Art Hypnose versetzt würden. Diese Frage
war für das Berufungsgericht indes nicht entscheidungserheblich. Es hat
unabhängig von der „richtigen“ Beschreibung des Zustandes der
Patienten zwischen Tiefenentspannung und Hypnose oder Trance maßgeblich
darauf abgestellt, dass die Behandlung bei bestimmten psychischen Erkrankungen
kontraindiziert ist.
27 Die von den Klägern erhobene Gehörsrüge greift ebenfalls nicht
durch. Das Berufungsgericht hat ihren Sachvortrag und die von ihnen vorgelegten
Unterlagen nicht übergangen, sondern lediglich in einem Sinne gewertet,
den sie für unzutreffend halten. Damit lässt sich eine Verletzung
rechtlichen Gehörs nicht begründen.
28 cc) Die unmittelbaren Gefahren begründen die Einordnung der Heiltätigkeit
als erlaubnispflichtige Ausübung der Heilkunde, ohne dass es noch
darauf ankäme, ob von der Tätigkeit auch nennenswerte mittelbare Gesundheitsgefährdungen
ausgehen. Auch diese Gefahren hat das Berufungsgericht indes mit Recht
bejaht. Nach der Eigendarstellung versteht sich die Synergetik-Therapie als
eine Alternative zur üblichen Schulmedizin, welche unfähig
zu einer wahren Heilung von Krankheiten sei. Patienten, die sich bereits in
ärztlicher Behandlung befinden, wird der Rat erteilt, den Arzt zu wechseln,
wenn dieser den Aspekt der Selbstheilung nicht nachvollziehen könne („denn
Sie bekommen ja auch nicht beim Metzger kompetente Antworten auf die Frage nach
vegetarischer Ernährung“). Die Kläger stellen demgegenüber
in Aussicht, mit der Synergetik- Therapie praktisch jede Art von Erkrankungen
körperlicher oder seelischer Art bis hin zu Selbstmordgefährdung im
Wege der aktiven Selbstheilung behandeln zu können. Daraus ergeben sich
gerade für Patienten, die an ernsthaften Krankheiten leiden, mittelbare
Gefahren, weil sie veranlasst werden könnten, allein auf die Wirksamkeit
der von den Klägern propagierten Methode zu vertrauen, anstatt sich in
ärztliche Behandlung zu begeben. (Aussage: Kranke
Menschen sind dumm!! und haben keine Selbstverantwortung!)
.
29 Diese Gefahr wird nicht dadurch beseitigt, dass die Kläger die Patienten
in enem Informationsblatt darüber informieren, dass sie über keine
medizinische Qualifikation verfügten, keine Diagnosen oder Therapien im
medizinischen Sinne durchführten und keine Heilkunde ausübten, und
auch nicht dadurch, dass ähnliche Aussagen in die sog. Ethik-Richtlinien
des Berufsverbandes aufgenommen wurden. Diese Formulierungen dienen ersichtlich
nur dem Versuch einer formalen Abgrenzung von einer erlaubnispflichtigen Ausübung
der Heilkunde im Sinne des Heilpraktikergesetzes. Sie erwecken auf den Patienten,
soweit er sie überhaupt zur Kenntnis nimmt, eher den Eindruck eines typischen
Absicherungsvermerks „im Kleingedruckten“. Dem entspricht der
weitere Hinweis in dem Informationsblatt, dass der Klient - und gerade nicht
der Therapeut - die alleinige Verantwortung für die Entscheidung zu tragen
habe, ob medizinische Versorgung in Anspruch genommen werde. (Wir
setzen auf selbstbestimmte Bürger - die sieht ein Gericht nicht. Man muß
die armen Patienten oder Krankheits-Opfer vor sich selbst schützen.) Für
den Patienten enthalten die Hinweise darauf, dass die Synergetik-Therapie keine
schulmedizinische Behandlung sei, zudem keine weiterführenden Informationen,
sondern wiederholen nur, was sich aus der Eigendarstellung der Synergetik-Therapie
ohnehin ergibt. Der die mittelbare Gefahr begründende Anspruch, der
schulmedizinischen Behandlung überlegen zu sein und sie ersetzen zu können,
wird dadurch nicht aufgegeben. (Echte Heilung bekämpft
keine Symptome. Wir sind leider 20 Jahre der Zeit voraus!).
All das hat das Berufungsgericht auf der Grundlage seiner tatsächlichen
Feststellungen zutreffend erkannt.
30 Die Rüge der Kläger, die Annahme einer mittelbaren Gefahr durch
das Berufungsgericht leide an einer mangelnden Sachverhaltsaufklärung,
weil keine Parteivernehmung zu ihrer inneren Bereitschaft durchgeführt
worden sei, ihren Klienten die Einholung schulmedizinischer Beratung nahezulegen,
geht fehl. Weder haben die Kläger solches beantragt (Euer
Fehler - Pech gehabt) noch musste es sich dem Berufungsgericht
aufdrängen. Ob nennenswerte mittelbare Gesundheitsgefährdungen anzunehmen
sind, kann nur auf Grund einer generalisierenden und typisierenden Betrachtung
der in Rede stehenden Tätigkeit beurteilt werden. Maßgebliche Bedeutung
haben in diesem Zusammenhang vor allem die Krankheiten, die behandelt werden
sollen, und die Erwartungen der Patienten, die sich an die
Behandlung knüpfen (Urteil vom 11. November 1993 a.a.O. S. 275). Es kommt
deshalb nicht auf eine innere Bereitschaft der Kläger und auch nicht auf
ihre Bekundungen im Verfahren an, sondern auf den äußeren Eindruck,
der sich aus der Eigendarstellung der Therapie-Methode für die angesprochenen
Personenkreise ergibt.(Soll heißen,
Wir sind abhängig von den Klienten was DIESE erwarten. Erwarten sie nur
Spaß an den inneren Erfahrungen, dann ist dies keine Heiltätigkeit
- Sagt auch der BGH. Also darf jeder Klient seine Erwartungen, er will gesund
werden, nicht äußern. Dann dürfen wir ihm mit Innenweltreisen
helfen innerlich aufzuräumen. Genau dies hat der BGH 2011 bestätigt
in einer Revision eines Urteils vom Landgericht Frankfurt 2010. Dort gab es
22 Freisprüche und 11 Verurteilungen).
31 dd) Die Einordnung der Tätigkeit als erlaubnispflichtige Ausübung
der Heilkunde stellt keinen unverhältnismäßigen Eingriff in
die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG dar. Das Ziel des Gesetzes, die Gesundheit
der Bevölkerung durch einen Erlaubniszwang für Heilbehandler ohne
Bestallung zu schützen, ist durch Art. 12 Abs. 1 GG gedeckt. Die Gesundheit
der Bevölkerung ist ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut, zu dessen
Schutz eine solche subjektive Berufs- zulassungsschranke nicht außer Verhältnis
steht (BVerfG, Beschluss vom 10. Mai 1988 - 1 BvR 482/84 und 1166/85 - BVerfGE
78, 179 <192>). Der Erlaubnisvorbehalt ist auch im Falle der von den Klägern
ausgeübten Tätigkeit geeignet, die festgestellten Gefahren zu verringern.
Anders als bei Geist- oder Wunderheilern gehen von der Synergetik-Therapie unmittelbare
Gefahren aus, die die Kläger erkennen bzw. vermeiden müssen. Da die
Therapieform außerdem nicht bloß den Eindruck einer außerhalb
der Heilkunde stehenden eher spirituellen Methode erweckt, sondern sich als
wissenschaftlich begründete Alternative zur Schulmedizin
versteht, lässt sich die Erwägung des Bundesverfassungsgerichts nicht
übertragen, wonach eine Heilpraktikererlaubnis eher die Erwartung verstärke,
sich in sachkundige Hände zu begeben, und deshalb für medizinferne
Tätigkeiten zur Gefahrenabwehr ungeeignet sei.
32 Ein gleich geeignetes milderes Mittel ist nicht ersichtlich. Die Verpflichtung,
sich zu Beginn einer Behandlung eine ärztliche Unbedenklichkeitsbescheinigung
vorlegen zu lassen und jeden Patienten anzuhalten, ärztlichen Rat in Anspruch
zu nehmen, ist kein gleich geeignetes Mittel. Die Kläger müssen,
wenn sie Krankheiten behandeln wollen, selbst einschätzen können,
ob ihre Methode gefahrlos angewandt werden kann oder ob die Grenzen ihrer Fähigkeiten
überschritten sind und ein Arzt eingeschaltet werden muss. Das
gilt für die Aufnahme einer Behandlung wie für deren Fortsetzung.
Nicht nur zu Beginn einer Therapie, sondern auch im Verlauf der Behandlung können
sich Komplikationen ergeben, die die Kläger erkennen und auf die sie gegebenenfalls
reagieren müssen. Die dafür erforderlichen Grundkenntnisse und die
nötige charakterliche Zuverlässigkeit werden durch die Überprüfung
vor Erteilung der Heilpraktikererlaubnis sichergestellt. Der Hinweis der Kläger
auf das Konsiliarverfahren im Rahmen der psychotherapeutischen Behandlung liegt
neben der Sache. Anders als ein für sein Fachgebiet ausgebildeter
und approbierter Psychotherapeut sind die Kläger auf keinem Gebiet medizinisch
ausgebildet, nehmen aber für sich in Anspruch, praktisch alle körperlichen
und seelischen Krankheiten behandeln zu können. (Stimmt
- eine NEUE Methode kann besser sein, als eine alte Sichtweise. Für diese
neue Methode der Selbstheilung sind dann aber auch die staatlich geprüften
Psychotherapeuten nicht ausgebildet. - So verhindert man Fortschritt).
Für ein „Konsiliarverfahren“ ist unter diesen Umständen
von vornherein kein Raum. Letztlich läuft auch dieser Ansatz der Kläger
lediglich darauf hinaus, die Verantwortung für ihr Tun anderen zuzuweisen.(Stimmt
nicht: Jeder Klient hat Selbstverantwortung für sein "tun und lassen"
- gerade in der Krebsheilung. Wir Anbieter sind für die korrekte Ausbildung
auf dem Gebiet der Synergetik Methode zuständig. Und dies kann nicht über
eine einfache Gefahrenabwehr-Prüfung, dem HP-Gesetz geschehen!).
33 3. Die Sache ist nicht an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die
Rüge, der Beklagte sei in den Berufungsverfahren nicht vorschriftsmäßig
vertreten gewesen, weil bis zum Erlass der Urteile keine Prozessvollmacht der
Behördenvertreterin vorgelegt worden sei, bezeichnet keinen Verfahrensmangel.
Lassen sich juristische Personen des öffentlichen Rechts durch eigene Beschäftigte
mit Befähigung zum Richteramt vertreten (§ 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO),
bedarf es nicht der Vorlage einer Prozessvollmacht; diese Vertreter sind keine
Prozessbevollmächtigten (Beschlüsse vom 16. März 1993 - BVerwG
4 B 253.92 - Buchholz 310 § 67 VwGO Nr. 80 und vom 26. März 1993 -
BVerwG 4 NB 45.92 - Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 63; Schmidt in: Eyermann,
VwGO, 13. Aufl. 2010, § 67 Rn. 14). Eine fehlende Terminsvollmacht führt
allenfalls dazu, dass der Beklagte so zu behandeln ist, als wenn er die mündliche
Verhandlung nicht wahrgenommen hätte. Das hindert das Gericht indes nicht
an einer Sachentscheidung (§ 102 Abs. 2 VwGO).
34 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO.
Kley Liebler Prof. Dr. Dr. h.c. Rennert Buchheister Dr. Wysk
Sachgebiet: Recht der Heilberufe
Rechtsquellen:
GG Art. 12 Abs. 1 HeilprG § 1 Abs. 2
Stichworte:
BVerwGE: nein Fachpresse: ja
Synergetik-Therapie; Synergetik-Profiling; Ausübung der Heilkunde; Erlaubnis-
pflicht; Heilpraktiker; Heilpraktikererlaubnis; Untersagung; Gefahr für
die öffent- liche Sicherheit; nachträgliche Umstände; Heilbehandlung;
Geist- und Wunder- heiler; ärztliche Fachkenntnisse; unmittelbare Gefährdung
der Gesundheit; mit- telbare Gefährdung; Verhältnismäßigkeit.
Leitsatz:
Die Behandlung nach der Synergetik-Methode ist eine erlaubnispflichtige
Ausübung der Heilkunde im Sinne des Heilpraktikergesetzes.
Urteil des 3. Senats vom 26. August 2010 - BVerwG 3 C 28.09
I. VG Braunschweig vom 23.11.2006 - Az.: VG 5 A 133/04 und 5 A 102/04 - II.
OVG Lüneburg vom 18.06.2009 - Az.: OVG 8 LC 9/07 und 8 LC 6/07 -