Die Tatsache des Diagnoseschocks ist bekannt, wurde aber im ersten Moment "heruntergespielt" und nie konkret untersucht. Ist dies unterlassene Hilfeleistung?


Krebsinformationsdienst
Deutsche Krebsforschungszentrum Heidelberg
Gibt es einen Zusammenhang zwischen Psyche und Krebs?


Auf der Suche nach Ursachen für eine Krebserkrankung stellen viele Menschen spontan einen Zusammenhang zwischen psychischen Belastungen und Krebs her. Diese Vermutung wurde durch Ergebnisse der neueren Forschung, insbesondere der Psychoneuroimmunologie*, in gewisser Hinsicht unterstützt. Die These der Immunüberwachung geht davon aus, daß bei jedem Menschen immer wieder vereinzelte Krebszellen entstehen, die vom Immunsystem als fremd erkannt und von den Immunzellen im Sinne einer Krebsabwehr vernichtet beziehungsweise unschädlich gemacht werden.

Belastende Ereignisse, wie z.B. der Verlust eines nahestehenden Menschen, können zu einer vorübergehenden Schwächung einzelner Immunfunktionen führen. So scheint es möglich, allerdings nicht bewiesen, daß belastende Lebensereignisse oder -situationen über eine verminderte immunologische Abwehr zur Krebsentstehung beitragen können. Diese These berücksichtigt allerdings nicht die individuell unterschiedlichen Möglichkeiten, einen solchen Verlust psychisch zu verarbeiten.

Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es noch kein gesichertes Wissen darüber, ob und wie unter dem Einfluß psychisch belastender Situationen das Risiko einer Krebserkrankung zunimmt. Da zur Entstehung einer Krebserkrankung immer mehrere, bisher nur teilweise bekannte Faktoren zusammenwirken, ist zudem die Gewichtung möglicher psychischer Einflüsse außerordentlich schwierig. Eingleisige Zuordnungen, etwa "wer viel Kummer hat, bekommt leichter Krebs", sind auf keinen Fall gerechtfertigt.


Was ist dran an der "Krebspersönlichkeit"?


Schon in der Antike vermutete Hippokrates Zusammenhänge zwischen der psychischen Verfassung "Melancholie" und der Entstehung von Krebs. Diese Vermutung baute allerdings auf der Vorstellung auf, daß durch ein Vorherrschen der schwarzen, zähflüssigen Galle der ganze Organismus und auch die Seele "vergiftet" werde.

Bis heute wird über ein erhöhtes Krebsrisiko bei bestimmten Persönlichkeitstypen spekuliert. Auch persönlichkeitspsychologische Untersuchungen an Krebspatienten schienen die Annahme einer Krebspersönlichkeit zu bestätigen. Krebspatienten zeichneten sich demnach aus durch depressive Züge, einen angepaßten Lebensstil, eine Neigung zur Selbstaufopferung sowie einen verringerten Ausdruck insbesondere negativer und aggressiver Gefühle. In vielen Schriften, die sich an medizinische Laien richten, werden solche Zusammenhänge als erwiesen dargestellt. Erst neuere Untersuchungen an Personen, bei denen zwar ein Krebsverdacht bestand, die Diagnose aber noch nicht gestellt war, konnten zeigen, daß die als typisch geltenden Persönlichkeitsmerkmale eine Reaktion auf die Krebserkrankung kennzeichnen. Damit läßt sich die These einer Krebspersönlichkeit nach dem heutigen Wissensstand nicht weiter aufrechterhalten.

Kann man sich durch bestimmte Verhaltenweisen vor Krebs schützen?

Aus unserem derzeit noch sehr bruchstückhaften Wissen über seelische Einflüsse auf die Krebsentstehung lassen sich keine Rezepte für die Lebensführung ableiten. Außer dem Rat, bekannte krebsfördernde Risiken zu vermeiden, kann es keine Empfehlung für eine Lebensweise mit "Gesundheitsgarantie" geben. Als gesundheitsfördernd im umfassenderen Sinn sollte man alles betrachten, was zum individuellen seelischen Wohlbefinden beiträgt.